Berlin (ckl). Zum ersten Mal feierten die Berlin-Brandenburger Karnevalisten einen ökumenischen Karnevalsgottesdienst. Anlass war das Prinzenbiwak der Prinzengarde der Stadt Berlin. Aber auch
Fahnen wurden gesegnet und der Toten gedacht.
„Wenn am Himmel die Stääne danze und dr Dom sing Jlocke spillt, jo dann weiß ich, dat ich doheim bin …“ Ganz ungewohnte Töne klingen durch die evangelische Pauluskirche in Berlin Lichterfelde, gesungen von der Gesangsgruppe „The Champs“: Karnevalsmusik, und das Anfang Januar. Bald beginnen in der
ersten Reihe drei Mädchen, mit untergehakten Armen im Rhythmus der Musik mitzuwiegen. Die Schärpe der mittleren weist sie aus: Sie sind das erste Kinderdreigestirn der Berliner Prinzengarde.
Sich frei machen von überflüssiger Sorge
In der Kirche feiern sie den ersten ökumenischen Karnevalsgottesdienst der Berlin-Brandenburger
Karnevalisten mit, der aus Anlass des Prinzenbiwaks gefeiert wird. Dann schunkeln immer mehr der bunt gewandeten Gottesdienstteilnehmer mit den Mädchen mit – auch ein Herr in schwarzer Jacke zwei Bänke hinter ihnen: Heiner Koch. Der Erzbischof aus dem Rheinland hat es sich nicht nehmen lassen, in seiner neuen Heimat an diesem besonderen Gottesdienst teilzunehmen. Das Lied, dessen Original von den „Klüngelköpp Köln“ stammt, ist zu Ende; die Predigt folgt.
Jetzt ist es wieder ein fast normaler ökumenischer Gottesdienst: Andreas Penski, Seelsorger im
Bundesdienst und Feldprediger der Prinzengarde spricht über die Lilien auf dem Felde, über eine
Haltung des Unbeschwertseins, das er bei den Karnevalisten vorfindet und darüber, wie gut es ist, sich von überflüssiger Sorge frei zu machen – und welcher Schatz den Christen vor 2000 Jahren mit der frohen Botschaft geschenkt worden ist. „Die Karnevalisten in Berlin haben sich schon lange gewünscht, einen Segnungsgottesdienst zu Beginn der Karnevalssession zu bekommen“, sagt vor dem Treffen Diakon Rui Wigand, der von katholischer Seite dem Gottesdienst mit vorsteht. Etwa 26 Vereine gebe es in Berlin und Brandenburg. Und so hat er auch sehr gern zugesagt, hat das Evangelium vorgetragen und segnet nun die neuen Standarten des Karnevalverbands Berlin-Brandenburg und des Karnevalsverbands Mark
Brandenburg, schlägt das Kreuz über die Fahnen und besprengt sie mit Weihwasser. Dann zieht er
auch noch durch den Mittelgang und schickt den feuchten Segen über die närrische Gemeinde mit ihren bunten Uniformen – zur Verwunderung mancher, die sonst vielleicht mit Kirche und ihren Bräuchen weniger zu tun haben.
Es folgt noch das Fürbittgebet und das Vaterunser, die bekannteren Elemente eines Gottesdienstes.
Nun tritt auch der prominente Karnevalist vom Rhein nach vorn – Heiner Koch ist Ehrensenator der Düsseldorfer Karnevalsgesellschaft Weissfräcke sowie Ehrenoffizier und seit 2007 „Regimentsbischof“
der Prinzengarde Köln 1906.
„Ich werde in Köln erzählen, dass es das in Berlin gibt“
Bei den Berlinern wurde er eingeladen, ein Grußwort zu sprechen, und man sieht ihm die Freude an, mit der er es tut. „Dass ich das noch erleben darf“, freut er sich über diesen närrischen Gottesdienst im sonst so faschingsfernen Berlin, erzählt eine Karnevalistenanekdote aus seiner Zeit als Bischof von Dresden-Meißen und schließt: „Ich werde in Köln erzählen, dass es das in Berlin auch gibt. Und wenn sie es nicht glauben, dann sollen sie kommen!“ Ein Schlusswort, das nur noch der Segen übertreffen kann. Voller Ernst senken die Standartenträger ein letztes Mal ihre Fahnen, dann folgt die Aufstellung zum Auszug. Im Spalier stellen sie sich vorm Ausgang auf, lassen die Gemeinde zwischen sich nach draußen ziehen. Diese gibt noch reichlich Türkollekte für Heizkosten und Jugendarbeit der Pauluskirche, dann verwandelt sie sich
wieder in einen normalen Karnevalszug – und marschiert mit lauter Karnevalsmusik davon zum geselligen Teil des Prinzenbiwaks.