Eine ungewöhnliche Moschee

Die kfd-Frauen und Mohammed El-Kateb (vorn) in der Ibn Rushd-Goethe-Moschee. | Foto: Gunnar Lammert-Türk

Ein muslimisches Gotteshaus, in dem Frauenals Vorbeterinnen fungieren, Homosexuelle ausdrücklich eingeladen sind und Sunniten und Schiiten gemeinsam beten, ist eine Seltenheit. Katholische Frauen besuchten es in Berlin.

„Frauen genießen hier volle Gleichberechtigung.“ So sagt es die Ibn Rushd-Goethe-Moschee von sich selbst. Das mag für die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) im Erzbistum Berlin einer der Gründe gewesen sein, diese Moschee einmal zu besuchen. So machten sich 20 Frauen, vorrangig älteren Jahrgangs, nach Berlin-Moabit auf, wo die Moschee seit ihrer Gründung vor gut einem Jahr einen Raum im dritten Stock eines Gemeindehauses der evangelischen Kirchengemeinde Tiergarten an deren Standort St. Johannis gemietet hat.

Moscheegründerin Ateş war leider verhindert

Ein wenig bedauerten die Frauen, dass Seyran Ateş, auf deren Initiative die Moschee entstanden ist, keine Zeit hatte. Gern hätten sie die bekannte Rechtsanwältin und Frauenrechtlerin kurdisch-türkischer Herkunft, die mehrfach wegen ihres Einsatzes gegen Zwangsehen, Ehrenmorde und häusliche Gewalt an türkischen Frauen mit dem Leben bedroht wurde, kennengelernt. An ihrer Stelle empfing sie der seit 30 Jahren in Deutschland lebende Ägypter Mohammed El-Kateb und brachte ihnen die Moschee nahe.

Frauen, erläuterte er, sind hier wie Männer in der Funktion des Imams als Vorbeterinnen tätig, sie leiten das Freitagsgebet und halten auch die in diesem Rahmen übliche geistliche Ansprache oder Predigt. Dabei sind sie nicht an eine feste Kleiderordnung gebunden, müssen also beispielsweise kein Kopftuch tragen. Eine weitere Besonderheit der Ibn Rushd-Goethe-Moschee besteht darin, dass Homosexuelle hier ausdrücklich willkommen sind. Eher ungewöhnlich ist auch, dass interreligiöse Ehen nicht als problematisch angesehen werden. Mohammed El-Kateb, der mit einer Christin verheiratet ist, ist dafür ein lebendiger Beleg.

Er erklärte den Frauen auch, weshalb der helle, mit einem weichen Teppich ausgelegte Raum, der wie für Yoga- und Meditationskurse gemacht zu sein scheint, bis auf eine luftige halbrunde Skulptur aus schmalen Holzleisten, die die Gebetsrichtung nach Mekka anzeigt, keinerlei typische Ausschmückung aufweist – auch keine Koranverse an den Wänden. „Wir lassen den Raum so schlicht wie möglich, damit alle Muslime sich darin wohlfühlen“, bemerkte El-Kateb dazu und erklärte, dass in dieser Moschee Muslime aller Couleur willkommen seien, von Sunniten und Schiiten bis hin zu kleineren und Randgruppen.

Zahlreiche Fragen zu Feinheiten des Islam

An seine knapp halbstündige Einführung schloss sich eine gut doppelt so lange angeregte Frage- und Gesprächsrunde an. Die Frauen nutzten sie für ein breites Spektrum an Erkundigungen und Meinungsäußerungen. Es ging um den Unterschied von Sunniten und Schiiten, um Form und Inhalt des Freitagsgebetes, darum, wie man Moslem wird, um muslimisches Heiraten oder die religiöse Kindererziehung in interreligiösen Ehen mit einem muslimischen Partner. All dies sowohl allgemein als auch hinsichtlich der Handhabung durch die Ibn Rushd-Goethe-Moschee. Ob es vergleichbare Moscheen noch andernorts gäbe, wollten die Frauen auch wissen und erfuhren, dass dies kaum der Fall sei. Es gäbe jeweils eine in New York, Kapstadt, Kopenhagen, Marseille und Genf. Zum Abschluss des Besuchs führte Mohammed El-Kateb vor, wie Muslime beten.

Nach ihren Eindruck vom Besuch gefragt, sagte Rosemarie Rietz, eine von den „Altgedienten“ der kfd im Erzbistum, schlicht: „Ich freue mich, dass wir hierher gekommen sind.“ Sie gab damit, nimmt man die gute Stimmung beim Abschied als Beleg, sicher auch die Meinung der anderen Frauen wieder, die bis dahin wohl längst vergessen hatten, dass anstelle der populären Seyran Ateş einer ihrer Mitstreiter die Moscheeführung übernommen hatte.