Das unscheinbare Gramzow birgt Geheimnisse: Der älteste Ort der Uckermark ist Wiege des Christentums in der Region. Wie lebt es sich hier heute als Katholik? „Katholisch in Brandenburg“ auf österlicher Spurensuche:
Schon aus der Ferne ist sie zu erkennen: Die gigantische Klosterruine ragt steil und erhaben in die Höhe. Eine Verbindung in den Himmel, ein Stück steinerne Ewigkeit. Die einst dreischiffige Hallenkirche wurde als Teil der gesamten Klosteranlage ab 1178 erbaut. Der bereits zehn Jahre zuvor erfolgten Klostergründung des Prämonstratenserordens verdankt Gramzow seine erste urkundliche Erwähnung als „Villa Gramsowe“. Diese Urkunde aus dem Jahre 1168 macht die Gemeinde zum ältesten Ort der Uckermark und die imposante Klosterruine zu einem einzigartigen Zeugnis frühgotischer Baukunst im norddeutschen Raum. Damit ist der knapp 2000 Einwohner zählende Ort älter als Berlin und die Mark Brandenburg, gilt als heimliche Hauptstadt und Herz der Uckermark.
Katholische Gemeinde gestaltet Festumzug mit
Samstag, 19. Mai 2018: Wieder ziehen Mönche die Dorfstraße hinunter, gefolgt von 450 Bürgern, 50 Pferden und vielen Festwagen. Drei Tage lang feiern die Gramzower mit tausenden Gästen ihren 850. Geburtstag. Mitten im Festzug auch drei Prämonstratenser- Mönche im weißen Habit, die einem besonderen Motivwagen vorangehen. „Kriegsflüchtlinge aus dem Osten bauen sich in Gramzow eine neue Kirche“ ist an diesem Wagen zu lesen, mit einer originalgetreuen, mannshohen Nachbildung der 1953 erbauten katholischen Kirche „Maria Frieden“. Fast 450 Jahre nach Reformation und Säkularisierung wieder Spuren katholischen Lebens und eine eigene Kirche!
Die Neu-Gramzower brachten nicht nur ihren katholischen Glauben mit, sondern einen unglaublichen Aufbauwillen und große Glaubenstreue. Über 50 Jahre ist Gramzow eigene Pfarrei, bis 2002 die Fusion mit Prenzlau zur Pfarrei „Maria Magdalena“ erfolgt. Mittlerweile ein gewachsenes und gelungenes Miteinander, bei dem der kleinere Gemeindeteil durchaus wichtige „Mitgift“ einbringt. So tragen mit dem Pfarrgemeinderatsvorsitzenden Thomas Kutzner und dem stellvertretenden Kirchenvorstand Norbert Drauschke gleich zwei Gramzower Verantwortung für die Gesamtgemeinde. Ob Kreuzwegandachten, Fronleichnam mit Gemeindefest oder Maiandachten, die Höhepunkte im Kirchenjahr finden ebenso im regelmäßigen Wechsel zwischen Prenzlau und Gramzow statt, wie die wöchentliche Chorprobe unter Leitung von Rainer Vedder aus Templin und Astrid Kuthning vom Preußischen Kammerorchester, ebenfalls eine Gramzowerin.
Pfarrer Wolfgang Menze zeigt sich sehr dankbar für die große Einsatzbereitschaft der rund 50 Mitglieder zählenden Ortsgemeinde. Ob Lektoren, Ministranten, Kirchenreinigung oder Arbeiten an den Außenanlagen, die Leute lassen sich nicht lange bitten und sind immer sofort zur Stelle. „Hier kann sich jeder auf jeden verlassen, ein Wort reicht und alle helfen mit, bei Wind, Wetter und Schnee“, bestätigt Guido Kersten. Der feste, familiäre Zusammenhalt ist wohl auch ein Erfolgsgeheimnis der Gramzower, das der Kinder- und Enkelgeneration Flügel aus starken Wurzeln verliehen hat. Das Vorleben im Glauben, in der Nächstenliebe und im Miteinander, so benennt es der PGR-Vorsitzende und Tochter Katharina steht dafür als Beispiel.
So arbeitet Katharina Kutzner in Waren, Mecklenburg-Vorpommern. Auch Thomas Friese ist auswärts in der Landeshauptstadt Potsdam tätig, jedoch kommen beide fast jedes Wochenende nach Hause und bringen sich hier in die Gemeindearbeit ein. Ähnlich auch Anne Drauschke, die bei diesem Sonntagsgottesdienst als Ministrantin am Altar dient. Die junge Frau arbeitet in Schwedt, ist mit Power in der Kirchgemeinde und bei der Frauenmannschaft des VfB Gramzow dabei, wird sich demnächst im Nachbarort ein eigenes Zuhause schaffen.
Auch Johannes Meiselbach nimmt für seinen Ministrantendienst weite Wege auf sich, kommt regelmäßig aus dem 45 Kilometer entfernten Gartz. Auf diese Weise kann sich die Gemeinde über junge Gesichter freuen, so allein über insgesamt acht Ministranten. Ein Herz für junge Leute hat auch Reinhard Altwasser, seines Zeichens Küster, Gitarrist, Organist und Mitorganisator des ökumenischen Martinsumzuges mit über 100 Teilnehmern.
Die christliche Wiege der Uckermark lebt
Gramzow blickt nach vorn, dafür spricht ebenso der erst unlängst fertiggestellte Gemeinderaum. Der Ausbau im hinteren Teil der Kirche ist das neue Schmuckstück, lichtdurchflutet, freundlich und festlich gibt er viel Raum für Sitzungen der Gremien, Bibelgespräche, das Kirchweihfest mit Adventssingen oder für die Geburtstagskinder des Monats.
Neue Räume eröffnen sich ebenfalls mit dem ab 2020 geplanten Pastoralen Raum mit den Pfarreien Templin und Schwedt, auch wenn sich die Gramzower über dessen Zuschnitt mehr Mitsprache und ein offenes Miteinander gewünscht hätten. Noch herrscht viel Ungewissheit über die räumliche und pastorale Dimension, doch die kleine Ortsgemeinde wird ein Eckstein in diesem neuen Raum bleiben.
„Hier ist christliches Leben nicht erloschen, Gramzow hat Zukunft“, ist sich Pfarrer Menze gewiss. Eine hoffnungsvollere Osterbotschaft kann es nicht geben: Die christliche Wiege der Uckermark lebt!