Berlin. Am 2. Oktober 2015 startete der Pastorale Raum Tiergarten-Wedding in die Entwicklungsphase.
Nun beendete er das erste Jahr und damit die erste Etappe auf dem Weg zur neuen Pfarrei. Einen knapp
500 Seiten starken Bericht konnte der Leiter des Pastoralen Raums, Dominikanerpater Michael Dillmann, jetzt dem Erzbischof zusenden. „Es ist sehr schön zu sehen, wie intensiv sich die Beteiligten engagieren
und mitarbeiten, wie hoch unter ihnen die Motivation ist, hier etwas auf die Beine zu stellen“, resümiert Pater Michael das erste Jahr Entwicklungsphase. „Der bisher sehr harmonische und christliche Umgang miteinander gibt mir für das zweite Jahr sehr viel Zuversicht. Wenn wir so weitermachen, wird es uns gelingen, ein tragfähiges Pastoralkonzept zu entwickeln und dieses dann auch mit Leben zu erfüllen.“
Arbeitsgruppen zum Kennenlernen
Der Pastorale Raum Tiergarten-Wedding mit seinen etwa 27 000 katholischen Christen erstreckt sich auf fünf Pfarreien im Herzen Berlins: St. Laurentius, St. Paulus, St. Joseph-St. Aloysius, St. Petrus und St. Sebastian. „Um diesen Raum näher kennenzulernen und in seinem Ist-Zustand zu erfassen, gründete unser Pastoralausschuss zu Beginn sechs Arbeitsgruppen: Liturgie, Verkündigung, karitatives Handeln, Koinonia, Statistik und Finanzen“, erklärt Pater Michael die Arbeitsweise im ersten Jahr. Jeder Ausschuss habe einen Fragenkatalog bekommen, anhand dessen der Pastorale Raum ergründet werden sollte.
„Wir sollten feststellen, was es an ehrenamtlichen karitativen Engagement in unserem Pastoralen Raum gibt“, berichtet Rita Kampe, die für die Caritas im Pastoralausschuss mitwirkt, von ihrer Gruppe „Karitatives Handeln“. Mit einem Fragebogen, den sie an sämtliche Gemeinden und Orte kirchlichen Lebens versandte, ging die Arbeitsgruppe ihre Aufgabe an.
„Wir fragten, wie viele ehrenamtliche Mitarbeiter sich wo engagieren, was die konkreten Angebote der Einrichtungen, Dienste und Initiativen sind, wer diese Angebote wahrnimmt, woraus sie sich finanzieren, welche Hemmnisse und Bedürfnisse es gibt“, zählt Kampe auf. Verlief der Rücklauf zunächst zögerlich, hätten sich am Ende fast alle Gemeinden, Einrichtungen und Initiativen gemeldet. So entstand ein detailliertes Bild über das karitative Engagement im Pastoralen Raum und zugleich zeigten sich einige
Probleme. Die Fragebogenaktion lege unter anderem offen, wie wenig Orte kirchlichen Lebens und
Pfarreien gezielt vernetzt sind, sieht man von vereinzelten personenbezogene Kontakten ab, berichtet Kampe: „Es gibt keine gemeinsamen Projekte.“
Zunächst sei sie skeptisch gewesen, was den Pastoralen Prozess „Wo Glauben Raum gewinnt“ betrifft,
gibt Christa Drutschmann unumwunden zu. Nach einem Jahr Entwicklungsphase habe sich dies nun allerdings geändert, betont das Kirchenvorstandsmitglied von St. Laurentius. „Durch die Arbeit im Pastoralausschuss bekam ich mit, dass so ein Prozess, der die ganze Vielfalt eines Raumes offenlegt,
eine große Bereicherung sein kann. Es hat viel Spaß gemacht, unsere Nachbarn mit ihren Schwerpunkten kennenzulernen. Der Blick über die Grenze lohnt.“
Positive Überraschungen zusammengetragen
Pater Michael zeigt sich zufrieden mit dem, was die Arbeitsgruppen zusammengetragen haben. Für ihn ist es eine positive Überraschung, was im Pastoralen Raum Tiergarten-Wedding alles auf die Beine gestellt wird. Dennoch: „Vieles, was die einen Gemeinden seit Jahren machen, kannten die anderen nicht“, fordert er auf, sich kennenzulernen. Die vier Treffen des Pastoralausschusses, der Klausurtag sowie die rund sechs Treffen, die jede der Arbeitsgruppen im ersten Jahr abhielt, bewertet er als ersten Impuls. Ebenfalls machten die Fragebogenaktionen Menschen einander bekannt, die bislang kaum voneinander wussten.
Wie geht es nun weiter?
Aus den Ergebnissen des ersten Jahres resultierten nun die Fragen, die im Pastoralkonzept aufgegriffen werden sollen, erklärt Pater Michael und nennt Beispiele. So werde die hohe Zahl an jungen Katholiken, die in den fünf Pfarreien leben, den Bildungsbereich mit Schulen, Kindergarten und Hort sowie die Jugend- und Familienarbeit in den Fokus rücken. Zudem gelte es auf die spezifische Sozialstruktur in Moabit, Tiergarten und Wedding, die sozialen Schwierigkeiten einzugehen. „Auch werden wir darüber nachdenken, wie wir die Gemeindeaktivitäten stabilisieren und fördern, wie wir anhand von Schwerpunkten die einzelnen Orte, anstatt sie herunterzufahren, stützen können“, spricht Pater Michael über eine dritte Herausforderung und resümiert:
„Die entscheidende Frage wird lauten: was ist Gemeinde und später auch, was ist die neue Pfarrei? Eine Ansammlung von Grüppchen oder ist sie mehr?“