Kontrovers und doch zusammen

In einer Videokonferenz hat Erzbischof Heiner Koch interessierten Katholiken am 2. Dezember seine Eindrücke vom jüngsten Ad Limina-Besuch bei Papst Franziskus und anderen Führungskräften im Vatikan mitgeteilt.

Erzbischof Koch ist zuversichtlich aus Rom zurückgekehrt. Dazu trug die Offenheit bei, die er beim Papst in einer zweieinhalbstündigen Begegnung mit den deutschen Bischöfen wahrnahm, und auch die Gespräche mit den Leitern der vatikanischen Fachbereiche (Dikasterien), die er als „gut, wenn auch von unterschiedlicher Qualität“ einschätzte. Nicht zuletzt schlug die Gesprächsatmosphäre unter den mitgereisten Bischöfen in seiner positiven Bilanz zu Buche.

„Oft wird gesagt, es sei ein Nachteil, dass die Bischöfe nicht einer Meinung sind. Sie müssten mehr zusammenstehen“, sagte Heiner Koch den Christen aus dem Erzbistum, die sich am 2. Dezember in seiner Videokonferenz zugeschaltet hatten. „In Rom habe ich jedoch erlebt, dass wir zusammenstanden mit unseren unterschiedlichen Sichtweisen“. Keiner habe am Ende gesagt, er habe seine Sichtweise nicht einbringen können. „Es ist gut, dass wir dazu stehen, in vielen Punkten unterschiedlicher Meinung zu sein“, bekräftigte der Erzbischof.

Er erinnerte daran, was Papst Franziskus inzwischen mehrfach wiederholt habe: Synodalität bedeute für ihn, aufeinander und auf den Heiligen Geist hören, den anderen zu verstehen suchen und gemeinsam mit ihm lernen. Das Bemühen darum habe er vom 14. bis 19. November erlebt, insbesondere im Gespräch mit dem Papst: „Mich hat das Gespräch mit ihm sehr bewegt. Wir haben kein Konfliktthema ausgelassen, und er hat sehr konzentriert zugehört, ist nie ausgewichen, hat Gegenfragen gestellt, mehrfach angehalten, nachgedacht und immer wieder versucht, das Gesagte im Licht des Evangeliums zu sehen“, berichtete Heiner Koch. Franziskus nehme die Fragen und Sorgen der Deutschen Katholiken ernst und sei ernsthaft daran interessiert, Lösungen zu finden.

Dass der Papst selbst lernbereit sei, bemerkte Koch beispielsweise, als es um die Frage der Priesterweihe für verheiratete Männer (Viri probati) ging. Vor Jahren hatte Franziskus ausgeschlossen, dass diese Möglichkeit zu seiner Amtszeit eröffnet werden könnte. Inzwischen habe er sich bewegt. „So würde ich das heute nicht mehr sagen – das Gegenteil aber auch nicht“, hieß seine aktuelle Aussage dazu.

Großes Potenzial katholischer Laien

„Mal ermutigend, mal warnend“ habe sich der Papst den deutschen Bischöfen gezeigt. Er schätze zum Beispiel sehr das große Potenzial katholischer Laien in Deutschland, die in Kirche und Gesellschaft Verantwortung übernehmen. Enttäuscht und verletzt zeigte er sich, dass sein Schreiben an die Katholiken in Deutschland nicht „existenziell bedacht“ worden sei. Unter anderem hatte er in dem Brief gemahnt, dass die Teilnehmer des Synodalen Wegs lernbereit in die Gespräche gehen sollten. Es dürfe nicht alles feststehen für diejenigen, die einen synodalen Weg beschreiten. Es entspreche dem Geist der Synodalität nicht, „darauf zu warten, dass der andere meine Meinung übernimmt.“ „Wir sollten diesen Brief noch einmal neu und tiefer lesen“, lautet ein Vorsatz, den der Berliner Erzbischof in Rom gefasst hat.

Die Einschätzung mancher Kommentatoren, beim Abschlussgespräch am folgenden Tag vom Papst „sitzen gelassen“ oder „verprellt“ worden zu sein, teilt Heiner Koch gar nicht. „Mehr als am Tag zuvor hätte er gar nicht sagen können“, schätzt er ein.

Ihn haben die Gespräche darin bestärkt, im Synodalen Weg „unbedingt weiter“ zu gehen, deutschlandweit und auf Weltebene. Er erwarte Bewegung, denn vieles, was vom Vatikan aus bisher als „deutsche Themen“ wahrgenommen werde, werde mittlerweile in Europa breit diskutiert.

Dem Präfekten der Bischofskongregation, Kardinal Marc Ouellet, dessen harte Kritik am Synodalen Weg in vielen Medien zitiert wurde, hätten die deutschen Bischöfe klar gesagt, dass es sich bei den Dokumenten des Synodalen Weges nicht um dogmatische Texte, sondern um Einladungen zum Gespräch handele. Es gelte nun, Hierarchie und synodale Elemente in der Kirche zusammenzudenken. Wichtig ist es Heiner Koch auch, die Verantwortung der Kirche wahrzunehmen für die Menschen, denen sie das Evangelium verkünde.