Seelsorger fern der Heimat

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Volkskirchliche Strukturen, viele Hochzeiten, Taufen und Beichten: In einem Interview berichtet der Berliner Pfarrer Mathias Faustmann von seinem Dienst als Auslandsseelsorger in Mexiko.

Wie war es, Abschied von Berlin zu nehmen und in ein fremdes Land aufzubrechen?

Es war seit langem mein Wunsch, ins Ausland zu gehen. Kardinal Sterzinsky hatte mir während meiner Ausbildung die Möglichkeit eröffnet, eine Zeit im Ausland zu verbringen und zugleich Spanisch zu lernen. Diese Erfahrung wollte ich immer gerne für meinen priesterlichen Dienst nutzbar machen. Deswegen war
ich glücklich und dankbar, als Erzbischof Koch mich als Seelsorger nach Mexiko entsandte.

Wie war die Ankunft?

Mit viel Wohlwollen und einem großen Vertrauensvorschuss bin ich von den kirchlichen Autoritäten empfangen worden: vom Erzbischof von Mexiko-Stadt, vom Weihbischof unserer Region und von meinem zuständigen Gemeindepfarrer. Bei den deutschen Gemeindemitgliedern – aber auch über die katholische
Gemeinde hinaus – war Dankbarkeit und Erleichterung spürbar, dass nach vier Jahren Vakanz wieder ein deutschstämmiger Priester in Mexiko Dienst tut.

Was war der bisher schönste und was der traurigste Moment in Mexiko?

Meine schönste Erfahrung ist wie immer in meinem priesterlichen Dienst, dass ich hier gebraucht werde: Schnell sprach sich die Anwesenheit eines deutschen Pfarrers herum und die Bitten um Hochzeiten, Taufen, Erstkommunionen und andere seelsorgliche Aufgaben nehmen seitdem zu. Leider ist Mexiko auch ein Land, in dem immer wieder soziale Ungerechtigkeit und Kriminalität geschehen. Diese Begleitumstände
prägen das Leben über Gebühr und verhindern viele Aspekte des normalen Alltags, wie wir ihn aus
Deutschland kennen.

Was unterscheidet kirchliches Leben in Mexiko von Berlin?

Die mexikanische ist eine der wenigen Kirchen auf dem amerikanischen Kontinent, die vor einem gravierenden Einbruch bei den Gläubigenzahlen verschont geblieben ist. Im Land leben trotz rückläufiger Zahlen immer noch 83 Prozent Katholiken. Mexiko-Stadt ist in absoluten Zahlen weltweit die Metropole mit den meisten Katholiken – hier bilden 17,3 Millionen Menschen eine katholische Gemeinschaft. Hier besteht noch das, was wir in Deutschland als volkskirchliche Strukturen bezeichnen. Da ich in einer mexikanischen Pfarrei wohne, komme ich in den Genuss, bei den sieben Sonntagsmessen sowie täglich drei Wochentagsmessen aushelfen zu können. Dazu kommen an jedem Wochenende Taufen und Hochzeiten und viele Stunden Beichten.

Wo liegen Gemeinsamkeiten?

Die Tendenzen der Entchristlichung sind auch hier unübersehbar. Die mexikanischen Bischöfe versuchen intensiv gegenzusteuern. Vor der Taufe gibt es zum Beispiel verpflichtende Glaubenskurse für Eltern und Paten. Die Ehevorbereitung wird mit vielen Initiativen verstärkt in den Blick genommen und zeitlich stark ausgeweitet. Besonders interessant finde ich, dass von der Erzdiözese sehr gute und praxisorientierte
Materialien an die Gemeinden versandt werden – mit Glaubenskursen für fernstehende Gemeindemitglieder.

Wie sieht das Leben als Auslandsseelsorger aus?

Es ist eine vielfältige, spannende und ausfüllende Aufgabe. Die Deutsche Bischofskonferenz ist an etwa 40 Standorten weltweit mit einem eigenen deutschen Seelsorger vertreten. Alle sind über das Auslandssekretariat organisiert. Die Arbeit der einzelnen Entsandten variiert aufgrund der örtlichen Gegebenheiten stark. In Mexiko-Stadt feiere ich regelmäßige, deutsche Gottesdienste und bereite die in der Stadt weit verstreut lebenden Kinder auf den Empfang der Sakramente vor. Dazu kommt, dass ich den Deutschen im ganzen Land (das fünfmal so groß wie Deutschland ist) zumindest punktuell seelsorgliche Begleitung anbieten möchte. Gerade in Not- und Krisensituationen sollte die Auslandsseelsorge zur Stelle sein. Ich möchte als Seelsorger für die deutschsprachigen Katholiken verfügbar sein, gerade dann, wenn andere Formen der Unterstützung wie zum Beispiel ein weiteres familiäres Umfeld und der Freundeskreis wegen der räumlichen Distanz nicht greifbar sind. Eine lohnenswerte und wichtige Aufgabe.

Fragen: Cornelia Klaebe

ZUR PERSON

Nach Mexiko entsandt
Pfarrer Mathias Faustmann wurde im Oktober 2016 vom Auslandssekretariat der Deutschen Bischofskonferenz für zunächst fünf Jahre zur Seelsorge an den deutschsprachigen Katholiken nach Mexiko entsandt. Zuvor war er 15 Jahre im Erzbistum Berlin in verschiedenen Pfarreien tätig. Im Juli 2018 bietet die Deutsche Seelsorge in Mexiko eine Pilgerreise zu den wichtigsten mexikanischen Wallfahrtsorten an. Infos und Anmeldung unter www.mexikath.net