Chauffieren, Sterbende begleiten, an Therapeuten vermitteln, einfach zuhören: die Hilfe der Lazarusdienste ist vielfältig. Vor einem Jahr startete das von Ehrenamtlichen getragene Angebot in Stralsund. Der Bedarf ist groß.
Für einen Moment wurde es bei der Andacht in der Kirche Heilige Dreifaltigkeit laut. Martina Steinfurth, die Koordinatorin der Lazarusdienste Stralsund, ließ einen Krug fallen, direkt vorm Altar. Er zersprang in viele kleine Teile. „So ist es auch im Leben. Manchmal bleiben Scherben liegen. Manche können wir aufheben und heilen“, sagte sie während der Andacht zum einjährigen Bestehen der Lazarusdienste.
Die Gemeinde St. Bernhard, die von Rügen über Stralsund bis nach Demmin in Vorpommern reicht, hat sich bei der Gründung Hilfen und Angebote rund um das Thema Sterben, Tod und Trauer ins Konzept geschrieben. Im Februar 2020 entstanden so für die Hansestadt Stralsund die Lazarusdienste (Der Tag des Herrn berichtete). Bei einer zentralen Telefonnummer können Hilfesuchende sich melden. 70 Ehrenamtliche – katholische, evangelische, nicht gläubige – stehen mit ihren Angeboten parat und leisten Unterstützung, sei es mit regelmäßigen Besuchen, mit der Begleitung von Angehörigen beim Tod des geliebten Menschen oder auch nur mit einem Ohr, das zuhört. „Wir sagen dabei nicht: ‚Du erledigst jetzt diese Aufgabe und du jene‘. Nein, wir fragen: ‚Was kannst du leisten‘“, beschreibt die Koordinatorin Martina Steinfurth den Ansatz der ehrenamtlichen Arbeit.
180 Anfragen erreichten die Lazarusdienste Stralsund im ersten Jahr. Darunter viele Fälle von Akutseelsorge. Da brauchte es manchmal jemanden, der einfach ein bis zwei Stunden da war und zuhörte. Aber auch Vermittlungen von psychisch Erkrankten an Therapeuten fanden statt. „Drei Familien haben wir beim Sterben ihres Angehörigen bis hin zum Requiem und der Bestattung begleitet“, berichtet Martina Steinfurth weiter. Senioren in dem Heimen konnten besucht werden und so manche Freundschaft zwischen den Hilfesuchenden und dem Ehrenamtlichen entstand.
Trotz Abstandsregeln den Menschen nah
Auch Einkäufe und Fahrten wurden durch die Ehrenamtlichen wahrgenommen. Sebastian Tacke erzählte auf der Geburtstags- andacht: „Gleich am Anfang des ersten Lockdowns erreichte mich ein Anruf. Eine Dame bat darum, dass jemand Medikamente aus der Apotheke für ihren Mann abhole. Das übernahm ich gleich. Als ich ihr diese brachte, fragte sie: ‚Sind sie Herr Lazarus‘?“ Dabei sind die Lazarusdienste Stralsund immer unkompliziert, nah an den Menschen, trotz des nötigen Abstandes in Zeiten von Corona. „Wir sind da, wo andere schon längst weggelaufen sind. Das ist eine christliche und ganz menschliche Haltung“, so Martina Steinfurth. Auch innerhalb der Hansestadt ist der Dienst angesehen, hat sich etabliert: „Ämter und Behörden fragen uns oft an.“
Unterstützung erhält der Dienst durch das Erzbistum. „Für 2021 sind noch drei Wochenend-Fortbildungen in Planung. Die Themen werden seelsorgliche Gespräche, Bestattungsliturgie und palliative Medizin sein“, berichtete sie weiter. Finanziell wird das Projekt von Beginn an bis zum Februar 2022 mit 17.900 Euro vom Bonifatiuswerk unterstützt. Auch von der NDR-Aktion „Hand in Hand für Norddeutschland“, bei der 2020 Projekte der Diakonie und der Caritas im Mittelpunkt standen, werden Spenden in den Lazarusdienst fließen.