Treibgut und Perlentaucher„Urlaub für die Seele“: Angebot der Touristenseelsorge auf Rügen

Karla Höfig, Leiterin des IPZ in Berlin, und Carla Böhnstedt, Projektreferentin Suchenden-Seelsorge, entwickelten das Tourismusangebot, welches sie jetzt drei Wochen in Binz probten. Foto: Anja Goritzka

Arbeiten, wo andere Urlaub machen: Für drei Augustwochen fuhren die Leiterin des Interpastoralen Zentrums (IPZ) Berlin, Klaudia Höfig, und die Projektreferentin in der Suchenden-Seelsorge, Carla Böhnstedt, nach Rügen, um Urlaubern außergewöhnliche Momente zu bieten.

„Durch das Angebot werde ich auf Dinge gelenkt, die ich nicht alltäglich mache. Wann suche ich mir schon ein Stück Holz am Strand, welches ausdrückt, wie ich selber bin“, gibt der Stuttgarter Reiner Ziegler zu. Zum zweiten Mal verbringt er seinen Urlaub auf der größten Insel Deutschlands im Ostseebad Binz. In der katholischen Messe hörte der Protestant von dem diesjährigen Angebot „Urlaub für die Seele“, das Höfig und Böhnstedt erstmals anbieten.

Die beiden Frauen fuhren gemeinsam in den nördlichsten Zipfel des Erzbistums Berlin und boten beispielsweise besondere Texte und Musik zum Tagesausklang, die sie „Perlentaucher“ nannten, zündende Geschichten am Lagerfeuer oder eben morgens passende Impulse am Ostseestrand, das „Treibgut“. Hier suchten sie sich für jedes Treffen einen anderen symbolischen Gegenstand und eine kurze Geschichte, die zum Nachdenken einluden. Anschließend gingen die Gäste für 15 Minuten selber auf die Suche nach „ihrem Treibgut“.

„Das Symbol und die Geschichte sind nur die Aufhänger, damit die Gäste in sich selber abtauchen können, eventuell wieder mit sich in Kontakt kommen“, erklärte Klaudia Höfig. Zudem waren die Impulse kurz gestaltet, so dass die Urlauber genügend Zeit für sich in Binz hätten. „Unser Angebot ist auf die Situation der Urlauber zugeschnitten“, bestätigte Carla Böhnstedt. Da sie nicht nur Christen ansprechen wollten, haben sie die Angebote bewusst neutral gehalten.

Essenzielle Themen des Lebens

Dennoch ging es gerade um die essenziellen Themen des Lebens, auch in der Installation, die die Frauen in Stella Maris aufgebaut hatten. „Gerade in der Urlaubszeit besuchen auch Menschen Kirchen, die sonst mit dem Christentum nichts zu tun haben“, meinte Höfig. An sechs Stationen waren deshalb die Urlauber dazu eingeladen, ihrer freien Zeit auf der Insel nochmals nachzuspüren. So konnten sie in einen Koffer unter der Überschrift „Vorfreude“ mal das ablegen, was sie nicht mitnehmen wollten oder an der Station „Ankommen“ typischen Geräuschen an der Ostsee lauschen.

Beim Punkt „Durchatmen“ stand der Brief von Bernhard von Clairvaux an Eugen III. mit dem Ausspruch „Gönne dich dir selber“ und der Blick auf sich selber im Vordergrund, während sich die Besucher an der Station „Genießen“ mal überlegen konnten, welche Farbe wohl Gott hätte. Die Stationen „Abschied nehmen“ und „Nachspüren“ bildeten den Abschluss des Urlaubsweges durch Stella Maris, welcher dem Buch „Zeit“ aus dem Verlag Andere Zeiten angelehnt war. „Wir haben bewusst einen essenziellen Ansatz gewählt mit dem Ausspruch von Clairvaux. Wir gönnen uns selber in der Hektik des Alltages viel zu wenig. Im Urlaub können wir uns aber gut nachspüren“, ist Böhnstedt überzeugt. Dennoch betonte sie, dass das Leben eben keine ständige Spielwiese sei.

Begeistert waren Böhnstedt und Höfig, die auch in anderen Projekten eng zusammen arbeiten, von dem Zuspruch, den sie zum Beispiel bei den Geschichten am Lagerfeuer auf der Wiese neben der Kirche nicht nur von Besuchern, sondern auch von Gemeindemitgliedern erhielten. „Das Ganze ist ja ein erstes Projekt. Wir notieren uns viel, müssen ausprobieren, wann es zum Beispiel sinnvoll ist, die Kirche offen zu halten, welche Angebote gut, welche weniger gut angenommen werden“, erläuterte Höfig. Musikalische Angebote wären hier zum Beispiel fehl am Platze, da gerade die evangelischen Kirchen auf Rügen in den Sommermonaten viel böten.

1500 Katholiken auf ganz Rügen

Aber eine Bereicherung der Touristenseelsorge auf der größten Insel Deutschlands sind die Angebote des „Urlaubs für die Seele“ allemal, zumal der Administrator, Pfarrer Andreas Sommer aus Stralsund, der Pfarrvikar Markus Hartung in Bergen und auch die Gemeinde, aus rund 1500 Katholiken bestehend und über ganz Rügen verteilt, solche Angebote selber nicht noch leisten können. Anders als die Urlaubspfarrer, die während ihrer Zeit auf Rügen Messen feiern, waren die drei Wochen für Höfig und Böhnstedt keine Urlaubszeit. „Unser ganzer Tag ist hier verplant mit den Impulsen, der Nachbereitung und der Auswertung. Dennoch kommt auch viel zurück“, freute sich Böhnstedt, denn so mancher Urlauber, der mal bei den Geschichten am Lagerfeuer dabei war, käme auch einen Tag später zu dem Treibgutangebot an den Binzer Strand.