„Weniger Schein-Dialoge“

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Als „Garanten lebendiger und respektvoller katholisch-jüdischer Beziehungen“ hat das Potsdamer Rabbinerseminar den Luxemburger Kardinal Jean-Claude Hollerich gewürdigt. Er erhielt den diesjährigen Abraham-Geiger-Preis.

Der Vorsitzende der Kommission der Bischofskonferenzen in der Europäischen Gemeinschaft, Kardinal Jean-Claude Hollerich, ist am 31. Januar in Berlin mit dem Abraham-Geiger-Preis ausgezeichnet worden. Mit 10 000 Euro ist der Preis dotiert, den zuvor unter anderem bereits Bundeskanzlerin Angela Merkel und Hans Küng erhalten haben. In diesem Jahr wollte das an der Universität Potsdam ansässige Rabbinerseminar das Engagement des Luxemburger Kardinals als „Garant lebendiger und respektvoller katholisch-jüdischer Beziehungen“ hervorheben.

„Als Sachwalter der Anliegen von Papst Franziskus“ gebe er ein Beispiel für die gemeinsame Zukunft der Religionen in einer säkularen und pluralistischen Welt, hieß es in der zum Preis gehörigen Urkunde. Die Laudatio hielt der portugiesische Botschafter in Deutschland, Francisco Ribeiro de Menezes. Er würdigte Hollerich unter anderem für sein Engagement im interreligiösen Dialog, im Klimaschutz und für Fragen der Migration. „Das alles macht Sie zu einem wichtigen Eckpfeiler der katholischen Kirche.“

Im Gespräch mit dem Präsidenten der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Christoph Markschies, sagte Hollerich, wer Theologie nicht von Gott her denke, versündige sich. „Gott ist größer als meine Erfahrung“, sagte der Kardinal. „Wenn wir von Gott her denken, und sagen, Gott liebt alle Menschen, und ich beschimpfe sie und schließe sie aus – das passt nicht zusammen.“

Er selbst versuche, allen Menschen stets mit Respekt zu begegnen. „Ich gehe davon aus, dass ich von jedem Menschen etwas lernen kann, sonst brauche ich ja keinen Dialog“, sagte Hollerich. „Vielleicht machen wir zu viele Talkshows mit Schein-Dialogen“, gab er zu bedenken.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) würdigte Hollerich in einem Grußwort als „Vermittler zwischen Menschen, Religionen und Kulturen“, der sich um die Vielfalt in der Welt verdient mache. Papst Johannes Paul II. habe das Wort von den Juden als „älteren Brüdern der Christen“ geprägt. Es bilde die Grundlage für das „besondere Verhältnis“, das Juden und Katholiken über die letzten Jahrzehnte hinweg aufgebaut hätten. Kardinal Jean-Claude Hollerich sei ein Garant dieser guten Beziehungen.

Brandenburgs Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD) erklärte, in einer Zeit vieler offener Fragen sei es wichtig, Kardinal Hollerich gerade jetzt auszuzeichnen, „um der Komplexität mit Aufklärung und barrierefreiem Dialog zu begegnen und sich vor ,Zorn und Eifer‘ zu hüten.“ Konflikte seien militärisch nicht zu lösen, Panik nütze nichts.