Zwei Frauen, zwei Wege zu Gott

Sinje Hansen und Nina Reschke fühlen sich von der Benediktinerinnenabtei Alexanderdorf angezogen. Die eine hat sich als Oblatin an das Kloster gebunden, die andere denkt über einen Eintritt nach.

Wie zufällig trafen im Benediktinerinnen-Kloster Alexanderdorf kürzlich zwei Frauen aufeinander, die dem Ort und seinen Bewohnerinnen auf unterschiedliche Weise verbunden sind. Zwei Lebensentwürfe, hinter denen der Wunsch nach Gottes Nähe und Gemeinschaft steht, führten Nina Reschke (40) aus Essen und Sinje Hansen (58) aus Hamburg ins Brandenburgische.

Um den Nachwuchs für Klöster ist es nicht gut bestellt, auch in Alexanderdorf muss man sich darüber Gedanken machen. 22 Ordensfrauen gehören zur Gemeinschaft, viele im Rentenalter. Im Idealfall funktioniert ein Kloster wie ein Organismus, wirtschaftet und versieht seine Aufgaben selbstständig. Benediktiner sind gemäß der Regel ihres Patrons besonders gastfreundlich, beherbergen Menschen, bieten ihnen Schutz und geistliche Stärkung.

Schon deshalb ist es seit längerem nötig, dass sich die Alexanderdorfer Schwestern Hilfe von außen holen. Die Mitarbeitenden kümmern sich neben dem Gästehaus auch mit um Hostienbäckerei und Garten- und Landschaftsbereich. Nina Reschke hat erlebt, wie eine Klostergemeinschaft wegen Überalterung am angestammten Ort ihre „Zelte abbrechen“ und an einen anderen Ort mit neuen Aufgaben ziehen musste. Sie prüft sich, ob sie ihr Leben künftig in der klösterlichen Gemeinschaft in Alexanderdorf verbringen will.

An die Faszination der Kindheit angeknüpft

Wie Sinje Hansen wurde die gebürtige Hessin in eine evangelische Familie geboren, eine von vielen Parallelen zwischen den beiden Frauen. Dass sie zum Katholizismus konvertierten, eine weitere. Der Anlass dazu unterscheidet sich. Nina Reschkes Stiefvater ist gläubiger Katholik, Ninas Mutter evangelisch: „So besuchten wir zu Hochfesten wechselnd katholische und evangelische Gottesdienste“, erinnert sie sich. Und lebhaft daran, dass das Kloster seit Kindheitstagen für sie und ihren Bruder ein „geheimnisvoller Ort“ war, weil sich ihre Mutter mehrfach dorthin zurückzog.

Nach sozialpädagogischem Studium zog Nina Reschke, ledig, ins Ruhrgebiet. Seit 14 Jahren arbeitet sie in einem herausfordernden Beruf im Allgemeinen Sozialen Dienst eines Jugendamts. Nach der Konfirmation war ihr Glaubensweg „etwas stehengeblieben“. Sie setzte ihn fort, als ihre Mutter 2012 wieder das Kloster Maria Heimsuchung in Steinfeld/Eifel besuchen wollte. „Da komme ich mit, das ist in meiner Nähe!“, entschied sie. Sie sei immer neugierig gewesen, was ihre Mutter dort machte. Ein verlängertes Wochenende war der Beginn ihrer „Stammgast-Zeit“ bei den Steinfelder Benediktinerinnen. Später verbrachte sie den Jahresurlaub dort, nahm an Gebetszeiten teil, arbeitete mit.

Das Klosterleben, die monastische Lebensform faszinierte sie. Ihr Glauben festigte sich und 2017 konvertierte sie. Sie bat um Aufnahme als Hospitantin bei den Steinfelder Schwestern. Die wussten jedoch, dass sie sich aus Altersgründen verändern und umziehen würden. Auf Rat der Äbtissin schaute sich Nina Reschke andere Ordensgemeinschaften und weitere Benediktinerinnen-Klöster an, die sie über das Internet fand.

Keine Website sprach sie so an, wie die des Klosters Alexanderdorf. Nach einer „Rundreise“ in mehrere Klöster bestätigte sich ihr Eindruck von der Abtei in Brandenburg. „Als ich 2020 als Gast für fünf Tage herkam, wollte ich nur den Ort auf mich wirken lassen“. Nach Durchschreiten des Tors dachte sie sofort, dass hier ein Platz zum Leben für sie sein könnte. Nirgendwo hatte das Gefühl so intensiv nach ihr gegriffen. Inzwischen ist sie mehrfach im Kloster gewesen und nun erstmals Klausurgast. Sie nimmt an Gebetszeiten teil und arbeitet vormittags.

Der Tagesablauf koste Kraft, sei aber sehr erfüllend. Am Schluss steht ein Gespräch mit der Äbtissin, denn beide Seiten prüfen, ob man zueinander passt. Und ob ein Postulat folgt.

„Wie kann ich enger zu Gott kommen?“

Sinje Hansen hat einen anderen Weg gewählt. Die gebürtige Nordfriesin fand nach einem familiären Bruch zum lebendigen Glauben: Als sie Anfang der 2000er Jahre einen privaten und beruflichen Neustart als Buchhändlerin in Hamburg vollzog, suchte sie auch eine neue evangelische Gemeinde. Keine entsprach ihren Vorstellungen, bis ein Bekannter sie in einen katholischen Gottesdienst einlud.

Der überwältigte sie ungeahnt: „So viel Licht, Lieder, Weihrauch, viele Menschen, fröhlich und lebendig!“, sagt sie. Das sprach all ihre Sinne an, zunächst unbewusst, und machte sie neugierig. Sie wollte plötzlich alles wissen, besuchte regelmäßig Gottesdienste, einen theologischen Fernkurs. Und konvertierte. „Wie kann ich enger zu Gott kommen, meinen Weg mit ihm gehen?“, fragte sie sich.

Über ein Benediktinerkloster im Norden und das Internet fand sie nach Alexanderdorf. Die Schlichtheit, tolle Landschaft und die Gebetskultur beeindruckten sie vor sieben Jahren. Sie wurde Oblatin, Teil der Kloster-Gemeinschaft, die weiter im gewohnten Alltag steht und sich regelmäßig zum Reden, Beten und Arbeiten im Kloster treffen. Um dem Glauben im täglichen Leben Raum zu geben, sich ein geistliches Gerüst zu schaffen, gründete sie in ihrer Hamburger Gemeinde eine Gebets-Gruppe, die sich sechsmal wöchentlich morgens trifft. „Die Sehnsucht, ganz im Kloster zu sein, ist natürlich immer da“, sagt sie und ist doch auch mit dieser Form geistlicher Gemeinschaft ganz glücklich.