Unterbrechung
Impuls zur Wochenmitte
Ausgehend von einer Heiligen oder einem Heiligen sprechen Christinnen und Christen einen Gedanken mitten in die Woche hinein, der zum Nachdenken, zum Nachlesen anregt oder Wegbegleiter für die restliche Woche sein kann.
18. Januar 2023
Hl. Agnes
Gedenktag: 21. Januar
Die Hl. Agnes lebte im dritten Jahrhundert nach Christus und stammte aus einer römischen Adelsfamilie. Der Legende nach hat sie sich als 12-jähriges Mädchen geweigert, den Sohn des Stadtpräfekten zu heiraten, da sie sich Jesus Christus versprochen hatte. Trotz vieler Drohungen und Demütigungen, Vergewaltigungs- und Verbrennungsversuchen ist sie standhaft geblieben; dafür wurde ihr schließlich mit dem Schwert die Kehle aufgeschlitzt, auf die gleiche Art, wie man Lämmer tötet. Daher erscheint in Brauchtum und Ikonographie die heilige Agnes oft in Verbindung mit einem Lamm (lateinisch agnus) und manchmal auch mit dem Schwert. Dennoch gibt es über ihr Leben und Sterben keine sicheren Nachrichten. Agnes gilt als Schutzpatronin für junge Mädchen, (geweihte) Jungfrauen, Verlobte und Ordensfrauen. Sie wird im Hochgebet und in der Allerheiligenlitanei als eine der ersten Märtyrerinnen gewürdigt.
Als Kind fand ich weder meinen Namen noch den Märtyrer-Gedanken, für den Glauben hingerichtet zu werden, besonders attraktiv oder nachahmenswert. Ich kannte niemanden, der Agnes hieß und beim Gegenüber weckte der Name Assoziationen mit altbackenen Großmüttern oder verstorbenen Großtanten. Ich wollte nichts Besonderes sein und schon gar nicht über meinen Namen hervorstechen.
Erst im Firmkurs beschäftigten wir uns mit unseren Namensheiligen intensiver und ich war erfreut, eine mutige, standhafte und entschlossene junge Frau als Namenspatronin zu haben, die sehr selbstbewusst und entgegen dem Mainstream für ihre religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen einstand. Seitdem bin ich versöhnter mit meinem Namen.
Vor vier Jahren erblickte an meinem Namenstag mein jüngster Sohn Jonah das Licht der Welt und so feiern wir seitdem gemeinsam seinen Geburtstag und meinen Namenstag.
Agnes-Maria Streich
Referentin Teilbereich Ausbildung und Diözesanstelle Berufungspastoral
11. Januar 2023
Hl. Tatiana
Gedenktag: 12. Januar
Die Heilige Tatiana von Rom war Tochter eines römischen Konsuls und ist als frühchristliche Märtyrerin aufgrund ihres Glaubens getötet worden. Da sie sich zum christlichen Glauben bekannte, wurde sie dem Kaiser Septimus Severus vorgeführt, der Konvertiten streng bestrafte. Der Legende nach betrat sie mit ihm gemeinsam einen Tempel. Als sie zu beten begann, zerbrachen alle Götzenbildnisse. Sie wurde daraufhin gefoltert und ins Feuer geworfen. Als ihr all das nichts anhaben konnte, ließ der Kaiser sie enthaupten.
Als Kind empfand ich Märtyrer: innen - Legenden aufgrund ihrer Brutalität in erster Linie abschreckend und auch der Wille, für eine Überzeugung in den Tod zu gehen, ist mir immer ein wenig fremd geblieben. Insofern war mir meine Namenspatronin nie eine wirkliche Identifikationsfigur.
Dennoch bewundere ich Menschen, die damals wie heute friedlich für ihre religiösen oder weltlichen Überzeugungen - trotz Androhung von teils tödlicher Gewalt – eintreten: Iraner: innen, die für ihre Menschenrechte in einem theokratischem Staat kämpfen, religiöse Minderheiten, die sich für die Ausübung ihres Glaubens einsetzen und gegen Unterdrückung kämpfen oder ein Jesuitenpater, der für die Bewahrung der Schöpfung eintritt, indem er die Klimaproteste der „Letzten Generation“ unterstützt.
Sie alle sind unentbehrliche Kämpfer: innen für eine Welt, in der Mensch und Natur in Würde miteinander existieren können.
Neben Aktivismus und Überzeugung braucht es in gleicher Weise Institutionen, die sich solidarisch zeigen und die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel dafür einsetzen, Kämpfer: innen für eine lebenswertere Welt zu unterstützen. Kirche sollte eine von ihnen sein.
Tatjana Moser
24. November 2022
Hl. Märtyrer von Vietnam
Gedenktag: 24. November
Am 24. November feiern die vietnamesischen Katholiken ein großes Fest: Es ist der Gedenktag der 117 Märtyrer aus Vietnam oder auch „St. Andreas Dung-Lac und Gefährten“ genannt, die zwischen 1745 und 1862 das Martyrium erlitten.
Im 20. Jahrhundert wiederholte sich die Geschichte auf die eine oder andere Art und Weise. Bis heute ist das Ausüben des christlichen Glaubens in Vietnam nicht immer selbstverständlich.
Zu erwähnen ist für unsere Gemeinde der Märtyrer Petrus Vu Dang KHOA, Priester (1790 – 24.11.1838). Für und mit ihm feiern wir seit den letzten Jahren eine eigene Prozession. Petrus Vu Dang KHOA stammte aus Thuận Nghĩa, Nghệ An. Er hatte sich in der Gefangenschaft verweigert, die Verstecke der Gläubigen zu verraten. Er weigerte sich auch seinen Glauben an Jesus Christus zu leugnen. In der Verurteilung des Kaisers stand: „Der Priester Vũ Đăng Khoa hat sich geweigert, über das Kreuz zu treten, daher wird er zum Tode verurteilt.“
Wir sind eingeladen, selbst Zeugen des Glaubens und der Liebe zu sein. „Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen“ (Joh 15,20).
Phuoc van Ho
Vorsitzender der katholischen vietnamesischen Gemeinde in Berlin
16. November 2022
Hl. Elisabeth
Gedenktag: 19. November
Die heilige Elisabeth, thüringische Markgräfin im 13. Jahrhundert, ist für viele verbunden mit dem „Rosenwunder“:
Elisabeth eilt von der Wartburg in die Stadt, um den Ärmsten Brot zu bringen. Ihr Mann, Graf Ludwig, ist mit ihrer unstandesgemäßen Armenfürsorge nicht einverstanden. Deshalb verbirgt sie das Brot in ihrem Mantel. Unvermutet tritt Ludwig ihr in den Weg und fragt sie, was sie da im Mantel verberge. Als sie ihn zurückschlägt, hat sich das Brot in Rosen verwandelt – und Ludwig ist beschämt.
Diese idyllische Legende hat zwei Haken. Einerseits wissen wir, dass Ludwig sehr wohl Verständnis für seine Frau hat. Er lobt sie sogar, dass sie in einem Hungerjahr die gräflichen Kornvorräte an die Hungernden verteilt.
Zum anderen ist Elisabeths Sorge für die Armen überhaupt nicht idyllisch. Ihre Hofleute reagieren ablehnend, weil Elisabeth die Armen in ihren stinkenden Hütten aufsucht, beschenkt, wäscht und füttert und ihre Wunden versorgt. Almosen ja, aber doch nicht dieses unstandesgemäße Verhalten!
Realistischer ist deshalb eine andere Begebenheit:
In der Nachfolge Christi und dem Beispiel des heiligen Franziskus folgend will Elisabeth eine Arme unter Armen sein. Sie verwendet ihr Vermögen für die leidenden Menschen, verlässt nach dem Tod ihres Mannes die Wartburg, auch um der Feindschaft ihrer Familie zu entgehen, und führt selbst ein Leben in Armut. In dieser Lage, so wird erzählt, begegnet sie an einer Fuhrt über einen stinkenden Bach einer armen alten Frau, der sie einmal geholfen hat. Die Fuhrt ist eng, eine der Frauen müsste ausweichen. Da stößt die Alte Elisabeth in den Dreck und sagt sinngemäß: Wenn du keine Gräfin sein willst, dann hast du auch keine Vorrechte. Und besser hättest du uns als gute Gräfin geholfen und dich nicht selbst arm gemacht.
Die Frage ist berechtigt: Hätte Elisabeth nicht mehr erreichen können als umsichtige, kluge Markgräfin ?
Vielleicht. Aber ich glaube nicht, dass wir uns dann noch heute an sie erinnern würden. Sie wäre nur eine von denen, die es auch damals gab, die den Armen helfen wollten, im übrigen aber in ihrem Stand und Wohlstand verharrten. Gerade weil sie das alles aufgab und sich den Armen gleich machte, bleibt sie mir im Gedächtnis. Sie bleibt mir eine ständige Herausforderung, ob nicht mehr möglich ist als Almosen und Wohltätigkeit.
Mario Junglas
Lehrbeauftragter an der KHSB
09. November 2022
Hl. Martin
Gedenktag: 11. November
St. Martin? Na klar, kenne ich: das ist doch der mit dem Mantel und dem Gänsebraten, mit dem Pferd und den Laternen, mit dem Schwert und dem Bischofsstab…. Endlich mal ein Heiliger, den man nicht lange erklären muss. Oder?
Vor gut 1700 Jahren im heutigen Szombathely (Ungarn) geboren, wird Martin im Alter von 15 Jahren Soldat. Mit ca. 40 Jahren verlässt er aus Gewissensgründen das Militär. Zu diesem Zeitpunkt sind sage und schreibe 18 Jahre vergangen, seit sich das zugetragen haben soll, was alljährlich besonders von Kindern gefeiert wird: um einem frierenden Bettler zu helfen, teilt Martin seinen Offiziersmantel. Also einer, der, obwohl er auf einem hohen Ross sitzt, nicht blind oder kurzsichtig gegenüber Hilfebedürftigen geworden ist. Das Bild des Bettlers verwandelt sich anschließend in Martins Traum in Christus, der nun dieses Mantelstück trägt. Ein Traum, der ein Leben veränderte?
Es war wohl eher seine von Anfang an bescheidene Lebenseinstellung, sein Gerechtigkeitssinn, seine Ausstrahlung, die schließlich bei vielen die Hoffnung weckte, dass er an (klerikaler) Schnittstelle - als Bischof - viel Gutes bewirken könne. Die Geschichte beweist das vielfältig. Er hat nicht enttäuscht. Seine Anwesenheit wirkte oft heilend. Seine Saat fiel oft auf fruchtbaren Boden. Sein Weg: Soldat, Einsiedler, Klostergründer, Heiler, Bischof, Missionar.
Vor 12 Jahren stand ich an der Grabstätte des Hl. Martin im französischen Tours in der Krypta der Basilika, die ihm geweiht ist. Nicht nur die zahlreichen Gebete und Dankesworte an den Wänden und Gewölbebögen über den Kapitellen, sondern auch die Heiligkeit dieser Stätte ließen mich eine besonders tiefe Andacht empfinden.
Immer mehr Menschen suchen in der heutigen Zeit auf Pilgerwegen nach Gott und nach sich selbst. Am bekanntesten ist wohl der „Jakobsweg“. Weniger bekannt ist der „Martinusweg“, der vom Geburtsort bis zum Grab des Hl. Martin durch insgesamt 6 Länder führt. Vielleicht eine Alternative? Wem das zu weit ist, der kann ja erst einmal bei einem der unzähligen Martinsumzüge vor der eigenen Haustüre beginnen und - St. Martin nacheifernd - mit Güte und Frieden im Herzen ein Stück frohe Botschaft und Licht in die Welt tragen.
Martin Rathmann
02. November 2022
Sel. Bernhard Lichtenberg
Gedenktag: 5. November
„ … ein mutiger Mensch … er hat sich eingemischt, Ungerechtigkeiten nicht hingenommen, … sehr aufrichtig … unbeirrbar … er hat öffentlich Widerstand geleistet … in unglaublicher Konsequenz … für sich selbst sehr bescheiden, für andere stets großzügig …“
Das sind Gedanken, die Menschen in Erinnerung an Bernhard Lichtenberg bei unserer letzten Pfarreiratssitzung in den Sinn kamen. Vor vier Jahren bei der Suche nach einem Namen für unsere Pfarrei Berlin Mitte wurden in den Gemeinden Voten gesammelt; mehr als die Hälfte machten den Vorschlag ‚Bernhard Lichtenberg‘. Es blieb kein Zweifel, dass er es sein sollte, der uns in Zukunft Orientierung und Vorbild ist.
Bernhard Lichtenberg (* 3.12.1875) wurde im schlesischen Ohlau in der politisch sehr aufregenden Zeit des Kulturkampfes geboren. Besonders geprägt haben ihn das tägliche Beten und das häufige Debattieren in Familie und Gemeinde, auch die Freude am Wandern und Reisen.
Schon in seiner Kindheit war sein Berufungsweg für ihn klar: Nach dem Theologiestudium in Breslau erhielt er 1899 die Priesterweihe, stellte sich dann mit großem Engagement als Kaplan bis hin zum Dompfarrer in den Dienst der Kirche von Berlin. An St. Hedwig übernahm er seine Aufgabe im Jahr 1932, kurz bevor die Nationalsozialisten die Macht übernahmen. Sein kompromissloser Einsatz gegen das Unrecht, dass er nun um sich her wahrnahm, bewegte ihn trotz allem Risiko dazu, beim Abendgebet in der Hedwigskathedrale öffentlich für die Juden, die Soldaten beiderseits der Grenzen und die Gefangenen in den Konzentrationslagern zu beten, was ihn schließlich wegen „Volksverhetzung“ hinter Gitter und in den Tod führte. Alles im Lichte Jesu Christi betrachtend und Seinem Geist folgend ging er furchtlos diesen Weg.
Was für eine Persönlichkeit, die auf mich wirkt wie ein Fels in der Brandung. Vermutlich würde ich mich heute theologisch gelegentlich an ihm reiben. Aber seine Authentizität erscheint mir einzigartig und in heutigen Tagen noch selten so vorfindbar.
Seine Klarheit, seine Verlässlichkeit, sein eindeutiges Eintreten für die Würde jedes Menschen: Ist es vielleicht genau das, was unsere Kirche und unsere Welt wieder mehr bräuchte in diesen turbulenten Zeiten?
Paula von Loë
Gemeindereferentin in der Pfarrei Bernhard Lichtenberg
26. Oktober 2022
Hl. Tabitha
Gedenktag: 25. Oktober
“Tabea”. Meine Oma musste sich meinen Namen zuerst aufschreiben, um ihn nicht zu vergessen, da er so selten war. Auch heute noch muss ich ihn manchmal mehrfach in unterschiedlicher Weise betont wiederholen, um nicht bei anderen Namen zu landen und freue mich immer sehr, wenn ich eine Namensgenossin treffe. Auch Spitznamen sind spannend, denn von Abkürzungen wie Tabi, Tabsl, über Tabeline bis hin zu Tabaluga habe ich schon vieles gehört, meist bleibt es jedoch Tabea.
Dass ich einen eigenen Namenstag habe, wusste ich lange nicht und habe daher meinen Zweitnamen gefeiert. Ich fand eine Zeitlang meinen Namen seltsam. Auch die Übersetzung „Gazelle“ ließ mich nicht so richtig mit ihm warm werden.
Die biblische Geschichte meiner Namenspatronin ist jedoch spannend. Sie wird von Petrus vom Tod auferweckt! Tabitha - in einer anderen Übersetzung Tabea – war eine selbständigen und sozial engagierten Frau aus Joppe, dem heutigen Jaffa bei Tel Aviv. Sie war in ihrem Dorf – in dem ich tatsächlich unwissentlich der Geschichte schon war – sehr beliebt. Sie gab reichlich Almosen, nähte Kleidung und wird ausdrücklich als Jüngerin Jesu bezeichnet. Während Petrus im Nachbarsort Lydda - meine kleine Schwester heißt Lydia, welch Zufall - war, starb sie und Petrus wurde geholt. Er schickte alle Anwesenden hinaus und forderte sie auf, aufzustehen. Sie öffnete die Augen und setzte sich auf. Auch das passt so gar nicht zu mir, zumindest wenn mein Wecker klingelt.
Mittlerweile mag ich meinen Namen. Er ist anders, besonders. Da seine Bedeutung auch in der wörtlichen Übersetzung keinen direkten Bezug zu meinem Leben herstellt, geht mein Blick auf Tabitha. Sie zeigt mir, worauf es als Christin ankommt: So bemühe ich mich um Offenheit, Engagement, Liebe, Vertrauen und Sorgfalt.
Tabea Uhl, Studentin, Quickborn-Arbeitskreis
19. Oktober 2022
Hl. Hedwig
Gedenktag: 16. Oktober
Die Heilige Hedwig von Schlesien, deren Fest am 16. Oktober gefeiert wird, wurde im Jahr 1173 auf Burg Andechs in Bayern geboren. Bereits im Jahr 1188 wurde sie, wie es im Mitteltalter üblich war, als junges Mädchen verheiratet und zog aus dem christlichen Bayern zu ihrem Gemahl, Herzog Heinrich I. nach Schlesien, was zu diesem Zeitpunkt noch nicht christianisiert war. Nach einem bewegten und von vielen Schicksalsschlägen belasteten Leben, verstarb sie am 15. Oktober 1243 und wurde bereits im Jahr 1267 von Papst Clemens IV. heiliggesprochen.
Die Heilige Hedwig ist die Namenspatronin unserer beiden Krankenhäuser, des St. Hedwig-Krankenhauses in Berlin-Mitte und des Krankenhauses Hedwigshöhe in Berlin-Treptow, die zusammen die St. Hedwig Kliniken Berlin bilden. Vordergründig ist die Namensgebung sinnfällig, wurde doch das St. Hedwig-Krankenhaus vor nunmehr 176 Jahren auf Initiative der damals einzigen katholischen Kirchengemeinde in Berlin – St. Hedwig – gegründet.
Ein Blick auf die Heiligengeschichte der Hedwig von Schlesien offenbart aber auch einige inhaltlichen Bezüge zwischen der Heiligen und den St. Hedwig Kliniken. So heißt es, dass Hedwig u. a. an der Verbreitung christlichen Gedankenguts arbeitete und hingebungsvoll den Armen und Kranken im Volk diente – wenn das nicht eine echte Vorbildfigur für kirchliche Krankenhäuser auch in unserer Zeit ist! Denn kirchliche Krankenhäuser müssen nach meiner festen Überzeugung heute mehr denn je Orte menschlicher Zuwendung, ja Hingabe sein; Orte, an denen Menschen – Patienten, Angehörige und Mitarbeitende – spüren können, dass es diesen menschenfreundlichen Gott gibt, als verborgene Quelle hinter jener menschlichen Zuwendung, die dort erfahren wird.
Das mag merkwürdig klingen, wenn in Zeiten zunehmender Ökonomisierung von Gesundheits –und Daseinsfürsorge ausgerechnet ein Klinikmanager solche Töne anschlägt. Aber tatsächlich muss es genau darum gehen, wenn kirchliche Krankenhäuser heute und in Zukunft einen Platz in unserer inzwischen doch sehr säkularisierten Gesellschaft behalten sollen. Hedwig von Schlesien hat mit ihrem Leben ein Zeugnis für die Liebe Gottes zu den Menschen abgegeben – und ist dafür heiliggesprochen worden. Auch wenn heutzutage viele in unseren Reihen keine bekennenden Christen - und wir auch keine Heiligen – sind, geht es uns in den St. Hedwig Kliniken Berlin darum, Hedwig in ihrem Wirken, in ihrem Zeugnisgeben, mit unserer zeitgemäßen Übersetzung nachzueifern.
Alexander Grafe
Geschäftsführer der Alexianer St. Hedwig Kliniken Berlin
12. Oktober 2022
Papst Johannes XXIII.
Gedenktag: 11. Oktober
Papst Johannes XXIII. war nach drei Mädchen der langersehnte Stammhalter, der das gepachtete Gut der Familie Roncalli in die nächste Generation führen sollte. Angelo Giuseppe Roncalli zeichnete sich durch Lerneifer und für sein Alter ungewöhnliches Wissen aus, das ihm die Achtung seines Lehrers Donizetti und des Schulinspektors aus Bergamo einbrachte, der Angelo der Klasse als Vorbild hinstellte. Leider wurde er, der jüngste und kleinste, dafür von seinen Mitschülern gehänselt und verprügelt. So angegriffen konnte es passieren, dass sich Angelo in einem Zornesausbruch gegen große Übermacht zu verteidigen wusste. Seinen oft berechtigten Zorn in den Griff zu bekommen, war eine große Herausforderung.
Im Alter von sechs Jahren wusste Angelo bereits, dass er Priester werden wollte und begründete seinen Entschluss so geschickt bei seinem Dorfpfarrer, dass der ihn früher als üblich zur Beichte und zur Kommunion zuließ. Freilich war das Anlass für weiteren Spott und Angelo wurde fortan als „Priesterchen“ ausgelacht, was er „natürlich“ nicht auf sich sitzen lassen konnte.
Und so kam es, dass Papst Johannes XXIII. bei einem Gefängnisbesuch den Insassen mitteilte, dass er in seiner Jugend kein Musterknabe gewesen sei. Ihm wäre der blanke Zorn ausgebrochen, der so viele der Sträflinge unglücklich gemacht hätte. Vielleicht würde er auch auf die schiefe Bahn geraten sein, wenn nicht seine Eltern ihn gelehrt hätten, den Zorn zu bezwingen. Es bliebe Gnade, wenn ein Mensch sein ganzes Leben lang auf dem rechten Weg zurückzulegen vermag.
All diese Fakten haben ich dem Buch „auch Päpste waren Lausbuben“ entnommen, das ich zu meiner Firmung vor fast 50 Jahren geschenkt bekommen habe und das ich immer mal wieder in die Hände nehme.
Auch heute gibt es reichlich Gründe, in blanken Zorn auszubrechen. Da gibt es so viele Menschen, die sich nicht an sinnvolle Regeln halten. Da gibt es die Missbrauchsskandale und den Umgang der Kirche damit. Da gibt es den unsäglichen Krieg in der Ukraine und die damit verbundene Bedrohung für die ganze Welt.
Der Bischof, der Angelo Roncalli gefirmt hat, gab ihm auf den Weg: „Wenn es um Gott geht, wenn es um den Glauben geht, dann darfst Du auch streiten. Aber ohne Waffen, denn Gott braucht die Gewalt nicht.“
Rafael Bernitzky
Pfarrei Papst Johanes XXIII
05. Oktober 2022
Hl. Bruno der Kartäuser
Gedenktag: 6. Oktober
Sicherlich hätte mich dieser hl. Bruno so wenig angesprochen, wie viele unserer Zeitgenossen, wäre er nicht mein Namenspatron. Die Attribute Totenkopf, Buch, Kruzifix sind in diese Kombination nicht gerade anziehend, ebenso kursieren fragwürdige skurrile Geschichten. Aber Bruno, der gebürtige Kölner, zählt zu den ganz großen Ordensgründern unserer Kirche, des einzigen Ordens, der in seiner fast eintausendjährigen Geschichte nie reformiert werden musste. Ich denke, der hl. Bruno hat auch unserer Zeit viel zu sagen. Bruno lebte in einer Zeit der Krisen und des kirchlichen Verfalls. Er hätte eine glänzende kirchliche Karriere hinlegen können, aber er stellte sich den Problemen seiner Zeit. Schließlich zog er sich immer mehr in strenger Askese zurück auf dem Weg zu Gott. 1084 ging er mit sechs Begleitern in das Felsengebiet bei Gerenoble, genannt Cartusia. Bekannt ist die Kartause mit den einzelnen Zellenhäuschen, mit dem absolute Schweigegebot, mit einem entschieden asketisch ausgerichteten Tagesablauf in Gebet und Arbeit, in Anlehnung an die strenge Tradition der Wüstenväter, sowie der Regel des hl. Benedikt, denn in diesem Mutterkloster wurde 2005 der mehrfach ausgezeichnete Dokumentarfilm „Die große Stille“ gedreht. Papst Urban II. holte 1089 seinen ehemaligen Lehrer als Berater nach Rom. Auf sein Drängen entließ ihn der Papst schließlich wieder in sein Einsiedlerdasein. 1091 gründete Bruno das Kartäuserkloster Santa Maria dell’Eremo im Tal La Torre beim heutigen Serra San Bruno in Italien. Hier verbrachte er seine letzten Jahre als Abt. In der Folge entstanden viele Kartäuserklöster auf der ganzen Welt, auch in Deutschland. Nach der Säkularisation gab es in Deutschland nur eine Kartause in Düsseldorf-Unterrath, die 1964 aufgrund der Erweiterung des dortigen Flughafens geschlossen und nach Seibranz ins Allgäu verlegt wurde, die Kartause Marienau. Etwa 30 Priester- und Brudermönche leben heute dort in großer Abgeschiedenheit und Stille, nach der ursprünglichen Regel des hl. Bruno.
Als Kind hat mir meine Mutter immer wieder vom hl. Bruno erzählt, dem Gründer des „strengsten Ordens der Kirche“. Richtig habe ich mich mit meinem Namenspatron aber erst auseinandergesetzt, als ich selbst in einen Orden (Steyler Missionare) eintrat. Als ich dann 15 Jahre sogar in der Nähe der Kartause Marienau in einer unserer Ordensniederlassungen tätig war, habe ich von Zeit zu Zeit die Kartause aufgesucht. Ich durfte auch in die strenge Klausur gehen. Die Atmosphäre des großen betenden Schweigens der Mönche und die erlebte Einsamkeit hat mich sehr beeindruckt, der Mönche, die sozusagen jenen „besseren Teil erwählten, der ihnen nicht genommen wird“ (Lk 10, 38-42). Ja, mein Namenspatron imponiert mich gewaltig wegen seines kompromisslosen Weges der Nachfolge und inspiriert mich, auch wenn meine Lebenswege konkret dann doch anders aussehen.
Br. Bruno Rehm aus dem Konvent der Steyler