„Mit Konzept ans PastoralkonzeptSeminartag lehrt Methoden zum Sehen, Urteilen, Handeln

Mit Konzept ans Pastoralkonzept: ein neues Material hilft, nach dem Kirchenbild vor Ort zu fragen. Fotos: Herrmann

Gregor Henke gab einen Überblick über den Tag.

Esther Göbel führte in das Thema ein.

Markus Papenfuß von der Stabsstelle "Wo Glauben Raum gewinnt" beantwortete konkrete inhaltliche Fragen.

Esther Göbel zum Thema Handeln: In drei Workshops bekamen die Seminarteilnehmer methodisches Rüstzeug.

Christopher Maaß zum Thema Zeitplanung.

„Was ist eigentlich unter einem Pastoralkonzept zu verstehen? Was gehört da rein? Und wie setzt man das dann um?“ Regina Kaczmarek und Hugo Behler aus St. Kamillus wollen wissen, was sie in den kommenden Jahren erwartet. Ihr Pastoraler Raum startet Ende August in die Entwicklungsphase. Das Seminar „Mit Konzept ans Pastoralkonzept“ kam für die beiden Pfarrgemeinderäte aus Charlottenburg daher gerade recht.

Rund 30 Ehren- und Hauptamtliche aus Pastoralen Räumen Vorpommerns, Brandenburgs und Berlins haben sich bei hochsommerlichen Temperaturen im Gemeindezentrum Maria Gnaden im Norden von Reinickendorf eingefunden. Christopher Maaß, Esther Göbel, Gregor Henke und Daniela Charest versprachen ihnen an diesem Tag Handwerkszeug. Und sie hielten Wort. Wer erwartet hatte, eine Liste konkreter Inhalte mit auf den Weg zu bekommen, die ein Pastoralkonzept enthalten muss, wurde enttäuscht. Das Team der AG Organisations- und Gemeindeberatung vermittelte vornehmlich Methoden.

Wie künftig Menschen mit Gott in Berührung bringen

In einem Pastoralkonzept komme zum Ausdruck, wie Kirche künftig vor Ort wirke, in der Gemeinde, im Pastoralen Raum, in der neuen Pfarrei, erklärte Göbel in ihrer kompakten Einführung zu Beginn des Seminartages. „In Ihrem Pastoralkonzept beschreiben Sie Wege, wie Ihre Pfarrei, wie Sie in Zukunft Menschen mit Gott und dem Evangelium in Berührung bringen wollen.“ Die Pastoralreferentin sprach von Auftrag und Sendung, von Ressourcen und Zielen. Sie riet dazu, das Geplante stets zu überprüfen, ob es tatsächlich auch gewollt werde, ob die nötigen Ressourcen vorhanden sind, und ob es am Ende tatsächlich sinnvoll ist, es zu realisieren: „Wollen/Können/Sollen“, tituliert sie diesen Kontroll-Dreischritt. Und: wertvoller als ein wohlformulierter Text sei es, so Göbel, „dass die Leute miteinander ins Gespräch kommen und sich gemeinsam damit auseinandersetzen, wie die Pastoral an ihrem Ort, in ihrer Pfarrei gelebt werden soll“.

Markus Papenfuß von der Stabsstelle „Wo Glauben Raum gewinnt“ empfahl den Teilnehmern: „Schreiben Sie keine Bücher und betrachten Sie das Pastoralkonzept weder als eine Prüfungsarbeit, die durch die Stellen des Erzbischöflichen Ordinariats bewertet werden, noch als etwas, das in Stein gemeißelt und auf ewig unveränderbar ist“, riet Papenfuß, der technische Fragen beantwortete. „Es bleibt Ihr Pastoralkonzept, in dem Sie festhalten, welche Visionen Sie für Ihre Kirche vor Ort haben und wohin Sie in den nächsten Jahren konkret wollen.“

Drei Werkstätten

In drei Werkstätten befassten sich die Teilnehmer im Hauptteil des Seminartages mit den drei Etappen auf dem Weg zum Pastoralkonzept: Sehen, Urteilen, Handeln. Sie stehen ebenfalls für die drei Phasen/Jahre einer Entwicklungsphase. 

In der ersten Werkstatt sprach Gregor Henke über das Sehen und Kennenlernen. Es bilde auch das Leitwort für das erste Jahr der Entwicklungsphase, eine Zeit, die entspannt angegangen werden sollte, so Henke. „Wer sich auf das Sehen konzentriert, darf Urteilen und Handeln getrost erst einmal ausklammern. Das entlastet.“ Mit „vorbehaltlosem Sehen ohne gleich die Konsequenzen zu überdenken“, beschreibt Henke die erforderliche innere Haltung.

Der Blick des Sehenden sollte sich zum einen auf den kirchlichen Raum richten: „Was macht die Pfarrei alles und wer macht mit? Wo liegen die Stärken, wo gibt es Nachholbedarf?“ Zum anderen rücke der Sozialraum in den Blick: „Wer lebt hier und was bewegt die Menschen? Welche Chance und welche Nöte fallen auf? Welche Kooperationspartner zeigen sich?“ Henke unterstrich die dazu notwendige offene Einstellung: „Es geht beim Sehen nicht darum, den anderen davon zu überzeugen, was man selbst sieht, sondern sich zu fragen, was sehen die anderen“.

Zur größten Gefahr für den Prozess des Sehens erklärte er, nicht neugierig genug zu sein: „Die einen denken: Was soll ich denn sehen, ich kenn doch hier alles? und die anderen sind überzeugt: Hier gibt es doch gar nichts zu sehen!“ Daher nannte er Methoden, mit denen diese Neugier geweckt werden kann: Zum Beispiel in dem der Pfarrer die Gottesdienstbesucher auffordert, einmal einen anderen Nachhauseweg einzuschlagen; oder ein Gottesdienst zum Thema „Sehen“; oder zu Beginn der Pfarrgemeinderatssitzung in einer Runde jeden kurz mitteilen zu lassen, was in den vergangenen Wochen aufgefallen ist. Als aufwendigste Methode erklärt Henke den 360-Grad-Expertenblick. „Dazu laden Sie sich Vertreter der Wirtschaft, von ökologischen Gruppen, aus Kultur, Religion und Politik sowie Fachleute aus der sozialen Arbeit ein und hören sich die jeweiligen Sichtweisen auf Ihren Pastoralen Raum an.“ Auch die Teilnehmer nannten Beispiele. So berichtete Birgit Biedermann, wie Treptow-Köpenick eine Mitarbeiterin des Bezirksamtes einlud und die eine detaillierte Sozialraumanalyse mit genauen Zahlen zu Bevölkerungsentwicklung, Altersverteilung, sozialer Schichtung präsentierte. „Wir können jetzt bei der Frage: Wie wollen wir in Treptow-Köpenick Kirche sein? wesentlich besser entscheiden, was wir künftig machen möchten“, meinte Biedermann.

Eine Vision für die künftige Pfarrei

Im zweiten Workshop thematisierte Christopher Maaß das „Urteilen“ in drei Schritten. Auf das „Sehen“ folge die Frage nach der Vision: „Wozu ruft uns Jesus Christus durch sein Evangelium an diesen Ort auf?“, schließlich die Priorisierung: „Was ist der Auftrag mit Blick auf die Vision?“ und am Ende das Setzen von Zielen: „Welche Ziele entstehen daraus für die zukünftige Pastoral?“ Dieser Weg sei durchaus spirituell zu verstehen, unterstrich der Sprecher der AG Organisations- und Gemeindeberatung. Für die Visionsentwicklung schlug er ein „Visionscafé“ nach dem Gottesdienst vor oder einen ganzen „Visionstag“ für den Pastoralen Raum, um möglichst viele Menschen in den Visionsfindungsprozess miteinzubeziehen.

„Vision, ist ein an die Realität des Ortes gebundener Traum von Kirche“, zitiert Maaß Mark Lesage vom Bukal-Institut in Manila und verband damit die Frage nach einer Vision mit der nach einem Kirchenbild. In drei Gruppen testeten die Teilnehmer drei Werkzeuge, mit denen sie eine Vision anhand von Kirchenbildern entwerfen können. Da liegt ein neues Materialset, vom Dezernat Seelsorge erarbeitet und dort ausleihbar. Da liegt eine Mappe voller eindrücklicher Fotos aus dem Bistum Rottenburg-Stuttgart. Da liegen Kopien mit Bildern, die unterschiedliche Vorstellung von Kirche symbolisieren: eine Kirche mitten im Dorf, eine Raststätte, ein Marktplatz, eine Schafsherde, eine Kirchenburg, ein Wegweiser. Hugo Behler aus St. Kamillus wählt ein Foto mit einem Handkreis, ein Bild mit durch Striche verbundenen Männchen, ein Foto, auf dem ein Gebetbuch und eine brennende Kerze zu sehen ist. „Stark in Gemeinschaft; vernetzt untereinander und in der Welt; mit Gott als Mittelpunkt und Fundament“, leitet er daraus die Wesenszüge seines Kirchenbildes ab.

Der Pastorale Raum Usedom/Anklam/Greifswald befinde sich am Ende des zweiten Jahres der Entwicklungsphase und das Pastoralkonzept sei fast fertig, berichteten Benita Geiger und Regina Klingsch aus der Praxis. Dank eines umfangreichen Zahlenwerks, das bereits in der Findungsphase entstand, habe man pragmatische Entscheidungen treffen können, meinte Klingsch. „Da es kaum noch Jugendliche in Anklam gibt, braucht es dort weniger Jugendarbeit, dafür mehr Seniorenpastoral“, nannte sie ein Beispiel. „Allerdings müssen wir uns überlegen, wie die wenigen Jugendlichen mit ihren Altersgenossen in den anderen Gemeinden Gemeinschaft erleben können.“ Was die Vision betrifft, meinte Klingsch lachend: „Wir haben wesentlich mehr Ideen als Ressourcen.“

Methoden statt in der Ursuppe rühren

Im dritten Workshop „Handeln“ präsentierte Esther Göbel Instrumente, mit denen die visionären Ziele umgesetzt werden können. Sie erklärte zum Beispiel das Eisenhower-Prinzip und was sich hinter „smarten“ Zielen verbirgt. Auf einer Stellwand hat sie zudem ein großes Plakat gepinnt. Darauf abgebildet: die Methode der „Ecclesiopreneurship Canvas“. Zunächst definiert sie gemeinsam mit den Teilnehmern „Nutzergruppen“, denen sie je ein farbiges Post-it zuordnet. In der Diskussion mit der Gruppe verteilt sie anschließen nach und nach Post-its in diesen Farben auf die Felder des Plakats: „Nutzerversprechen“, „Nutzerbeziehungen“, „Kommunikations- und Zugangswege“, „Schlüsselaktivitäten“ heißt es da. Auf diese Weise werde sichtbar, welche Aspekte eine hohe Handlungsrelevanz besitzen, so Göbel.

Am Ende des Seminartages zeigten sich die Teilnehmer zufrieden und zwar vor allem über die Vielzahl neuer Methoden. Denn immer wieder war zu hören: „Wir arbeiten in den Gremien zu wenig methodisch.“ Zu unkonkret blieben häufig die Absprachen am Ende einer Sitzung, zu häufig beginne man in den folgenden Sitzungen von neuem. „Wenn man nicht immer wieder in der Ursuppe rühren muss“, meint Gemeindereferentin Daniela Charest, „sondern Methoden hat, um sich eine Struktur zu geben, kann man auch voran kommen“. Solch befreiende Klarheit für die künftige Arbeit in der neuen Pfarrei verspreche man sich auch vom Pastoralkonzept.

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