Erhebt eure Stimme und setzt euch für andere ein

Am morgigen Sonntag erinnern wir uns an jemanden, der in schweren Zeiten den Mut hatte, seine Stimme gegen Unmenschlichkeit zu erheben. Es ist der katholische Berliner Pfarrer und Dompropst Bernhard Lichtenberg, der am 5. November vor 80 Jahren auf dem Transport ins Konzentrationslager Dachau in Hof in Bayern starb. Bis heute ist er ein leuchtendes Beispiel für das, wofür sich unsere Kirche einsetzen sollte – für Menschen, denen Unrecht widerfährt, die benachteiligt und verstoßen werden.

Bernhard Lichtenberg war in Berlin bis 1941 unermüdlich in Seelsorge und Caritas tätig. Er kritisierte im Dritten Reich öffentlich den Umgang mit Juden und Menschen mit Behinderungen. Als am 9. November 1938 die jüdischen Gotteshäuser angezündet wurden, bestieg der Dompropst die Kanzel der Sankt-Hedwigs-Kathedrale und wies auf das große Unrecht hin. Von da an betete der Geistliche täglich öffentlich für die Juden und andere Opfer des NS-Regimes, bis er schließlich von der Gestapo ins Gefängnis geworfen wurde. Aber auch dort blieb er seinen Prinzipien treu. Das Angebot der Entlassung mit der Auflage, nicht mehr zu predigen, lehnte er ab. Bernhard Lichtenberg bezahlte seinen Widerstand mit dem Leben. Nach zweijähriger Haft schwerkrank, starb er 1943 auf dem Transport in das Konzentrationslager Dachau. Papst Johannes Paul II sprach ihn 1996 bei seinem Besuch in Berlin selig.

Auch wenn die Situation in unserem Land heute Gott sein Dank nicht mit den Zuständen zu Lichtenbergs Lebzeiten vergleichbar ist, werden wir immer stärker mit Intoleranz, Populismus und sogar Gewalt auf unseren Straßen konfrontiert. Furchtbare Kriege erschüttern unsere Welt. Brutalster Terror, Bomben und autokratische Herrscher führen auch bei uns zu Auseinandersetzungen. Nationalistische Strömungen nehmen immer stärker zu. Scheinbar kann heute wieder jeder seine angebliche Wahrheit herausposaunen – auch wenn sie nichts mit der Realität zu tun hat. Andere beschuldigen und beschimpfen, statt zu versuchen, sie zu verstehen wird zum Normalzustand. Damit begeben wir uns auf einen gefährlichen Weg, der die gesamte Demokratie und das ganze Leben unserer Gesellschaft bedroht. Lassen sie uns deshalb von Bernhard Lichtenberg lernen.

„Handelt auch in diesen unchristlichen Zeiten nach dem strengen Gebot Jesu Christi: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“. Diese seine Worte drücken seine Haltung und seine tiefste Überzeugung aus. „Erhebt Eure Stimme und setzt Euch mutig für andere ein. Seht nicht zu, wenn Menschen missachtet und schlecht behandelt werden.“ Diese Botschaften von Bernhard Lichtenberg sollten uns alle leiten.

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag!