Eigentlich will Maria nur ihrer schwangeren Cousine Elisabeth etwas unter die Arme greifen und kommt zu Besuch im „Bergland von Judäa“. Doch dann passiert etwas, was mich immer wieder fasziniert, auch wenn es medizinisch unser Wissen weit übersteigt: Das Kind in Elisabeths Bauch „hüpft vor Freude“, weil es merkt, dass auch Maria schwanger ist und in ihr etwas Wunderbares geschieht.
Und was macht Maria? Sie klagt nicht über Übelkeit, nein, sie fängt an zu singen. Sie braucht nur wenige Zeilen und aus der einfachen jungen Frau aus Galiläa wird die Mutter Gottes mit großen Erwartungen an das Kind in ihrem Bauch:
„Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten: Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind; er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen. Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehen.“
Tag für Tag singt die Kirche dieses Lied, das „Magnificat“, in der Vesper, dem Abendlob, und manchmal singen wir – fürchte ich – über die Sprengkraft dieses Liedes hinweg.
Dabei ist die Perspektive klar: Gott, der seinen Sohn in die Welt schickt, steht auf der Seite der Niedrigen. Er lässt die Reichen leer ausgehen und beschenkt die Hungernden mit seinen Gaben.
Für Maria geht diese Verheißung auf: Sie lässt sich auf diese ganz besondere Schwangerschaft ein und wird erhöht bis zu ihrer Himmelfahrt, die wir heute feiern. Das bedeutet für uns Christen: Wir glauben, dass sie ganz bei Gott ist.
Wenn man sich aber ihr Lied, das „Magnificat“ noch einmal anhört, wird deutlich: Sie ist auch immer ganz bei uns geblieben, vor allem bei den Niedrigen und den Hungernden. Und ganz bestimmt auch bei allen Frauen, die sich über ihre Schwangerschaft nicht so freuen können wie sie. Vielleicht können Sie, liebe Leserinnen und Leser, mit dieser Verheißung auch in Marias Lobgesang einstimmen?