Kaplan Herbert Simoleit

Herz Jesu, Berlin-Zehlendorf / St. Joseph, Greifswald / Propsteigemeinde St. Johannes, Stettin


Das vertrauensvolle Gespräch unter Freunden, der Austausch über Gedanken, Anschauungen und Plänen, Neues zu erfahren und schätzen zu lernen, Menschen kennen und achten zu lernen – all das stellt ein hohes Gut dar. Das Gespräch entwickelt und fördert das menschliche Leben in allen Dimensionen. Ohne das Gespräch verkümmert der Mensch. Kurz gesagt – das Wort lässt leben.

Kaplan Herbert Simoleit wusste um die Kraft und Notwendigkeit des menschlichen Austausches. Als er im Mai 1941 als Kaplan nach Stettin-St. Johannes versetzt wurde und die Aufgabe bekam sich als „Standortpfarrer“ der Wehrmachtsangehörigen anzunehmen, gründete er einen Gesprächskreis. Wöchentlich traf man sich in seiner Wohnung. Fragen des Glaubens, des Lebens der Soldaten, die politische Lage, Informationen zur Kriegslage, die man trotz Verbotes durch Hören ausländischer Sender erhielt und auch die nicht zu unterdrückenden Schreckensmeldungen von Verbrechen an Juden wurden zu Themen. Man vertraute sich.

Seit dem Herbst 1942 nahm ein Ingenieur an den Treffen teil, der sich als „frommer Katholik“ ausgab, oft die Hl. Eucharistie mitfeierte und sich das Vertrauen von Kaplan Simoleit erschlich. Die Gestapo hatte ihn als Spitzel angesetzt, um gegen den katholischen Klerus belastendes Material zu sammeln. Von jeder Zusammenkunft fertigte der Spion Protokolle an. Insgesamt wurde auf Grundlage dieser Niederschriften mindestens 40 Menschen „belastet“, zahlreiche Haftstrafen ausgesprochen und sieben Todesurteile vollstreckt.

Am Abend des 4. Februar 1943 fiel die Gestapo direkt in das Treffen ein. Kaplan Simoleit und sein Mitbruder Pater Friedrich Lorenz wurden sofort verhaftet. Es folgten Wochen und Monate im Stettiner Gefängnis unter Verhör und psychischen Qualen. Man versuchte Geständnisse gegen andere inhaftierte Geistliche zu erpressen. Die Freiheit versprach man ihm, wenn er sich zu Spitzeldiensten gegen den Münsteraner Bischof Clemens August Graf von Galen verwenden ließe.

Das Gerichtsverfahren am 24. Juli 1944 vor dem Reichskriegsgericht in Torgau (Sachsen) nahm dramatische Züge an. Der vorsitzende Richter erkannte in der Verhandlung die Haltlosigkeit der Vorwürfe. Erregt entfuhr es ihm: Es handle sich bei den Angeklagten „weder um Verbrecher noch um asoziale Elemente“, vielmehr sei „ihr einzige Tragik (…), dass sie katholische Priester sind“. Bei der Urteilsverkündigung drei Tage später, am 28. Juli 1944, fehlte er. Er hatte sich in der Nacht das Leben genommen, weil er die Todesurteile nicht unterschreiben konnte.

Doch auch diese Verzweiflungstat hielt den Verlauf nicht mehr auf. Das Todesurteil wurde am 13. November 1944 im Zuchthaus Halle um 16.00 Uhr vollstreckt. Der Abschiedsbrief von Kaplan Simoleit hat sich erhalten. Mit einem Glaubenszeugnis beendete der aufrichtige Geistliche sein Leben. „Auf Wiedersehen dort, wo alle Tränen versiegen, auf Wiedersehen bei unserem himmlischen Vater. Maria, die unter dem Kreuze ihres Sohnes stand, seht bei mir und hilft meiner Schwachheit (…)“.

Autor:
Prälat Prof. Dr. Helmut Moll
Beauftragter der Dt. Bischofskonferenz für das Martyrologium des 20. Jahrhunderts