Dr. Paul Lejeune-Jung

Bildnachweis: Archiv des Erzbistums Köln

Gemeinden St. Ludwig, Berlin-Wilmersdorf  und St. Canisius, Berlin-Charlottenburg

Adressen: Joachim-Friedrich-Str. 49, Lietzenseeufer 7

Geboren am 16. März 1882 in Köln. Hingerichtet am 08. September 1944 in Berlin-Plötzensee.

Eher zufällig, auf der Durchreise, kam Paul Lejeune-Jung am 16. März 1882 in Köln zur Welt. Es hätte auch irgendeine andere Stadt entlang einer Schifffahrtsstrecke sein können. Denn sein Vater, der aus einer alten preußischen Hugenottenfamilie stammte, war Kapitän der englischen Handelsmarine. Die damit verbundene Weltoffenheit des Elternhauses ergänzte sich mit einem starken Katholizismus der aus dem Rheinland stammenden Mutter. Sie sorgte für die katholische Erziehung der Kinder. Seit 1886 hatte die Familie ihren Wohnsitz in Rathenow. Doch Paul verbrachte nur den ersten Teil seiner Kindheit dort. Nach dem Realschulabschluss wechselte er ins Gymnasium nach Paderborn und ging bei einem Domvikar in Pension. Diese Zeit prägte den Heranwachsenden und festigte seinen Glauben. Mit dem Abitur in der Tasche begann er ein Studium der Theologie in Bonn, wo seine Mutter nach dem Tod des Vaters wohnte. Der junge Mann wollte Priester werden, änderte bald aber seine Meinung und studierte nun Philosophie und Geschichte. Er promovierte und zog schließlich nach Berlin. Hier begann er volkswirtschaftliche Studien und startete eine Karriere in der Zellstoffindustrie. Bald wurde er zum ausgewiesenen Fachmann auf diesem Gebiet und führte als Syndikus die Geschäfte des Vereins der Zellstofffabrikanten. Auch auf dem politischen Parkett fasste Lejeune-Jung Fuß. 1924 zog er für die Deutschnationale Volkspartei in den Reichstag ein. Doch Ende der 20er Jahre näherte sich seine Partei immer mehr den Zielen Hitlers an. Diese Entwicklung konnte Lejeune-Jung nicht mittragen. 1929 verließ er die Partei und wandte sich dem rechten Flügel der Zentrumspartei zu.

Politisch und wirtschaftlich dachte der engagierte Wissenschaftler schon früh in größeren Zusammenhängen. Er nutzte seine Bildung und Erfahrungen, um über den nationalen Tellerrand hinauszusehen. Als Verfechter der deutsch-französischen Verständigung entwarf er bereits 1930 ein Konzept zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit beider Staaten und zur Entwicklung eines europäischen Marktes. Beeindruckt von seinen Fähigkeiten ernannte Reichskanzler Brüning 1931 ihn zum Sachverständigen der deutsch-französischen Wirtschaftskommission. Im Gedankengut der NSDAP konnte sich Lejeune-Jung nicht wiederfinden. Eine politische Zusammenarbeit mit den Nazis war für den gläubigen Katholiken undenkbar. Nach der so genannten Röhm-Affäre 1934 äußerte er einem Freund gegenüber: „Der Bruch der rechtsstaatlichen Ordnung in jenen Tagen wird das Reich bis zum bittersten Ende einem Wahnwitzigen ausliefern, sofern nicht Wehrmacht und Gerichte den Verfassungsbruch kennzeichnen und den Usurpator stürzen.“

Auch wenn diese Haltung anderes vielleicht nahe legt, kam Lejeune-Jung erst etliche Jahre später in Kontakt mit Widerstandsgruppen. Dass er selbst unter Beobachtung stand, war ihm jedoch schon Mitte der 30er Jahre klar. Politisch kalt gestellt, konzentrierte er sich mehr auf seinen Beruf und seine Familie. Bei allem Engagement in Politik und Wirtschaft sei ihm der Glaube und die Familie heilig gewesen, berichtet sein Sohn. Einen Sonn- oder Feiertag ohne Gottesdienst habe es für seinen Vater nicht gegeben. „Am liebsten ging er mit seiner ganzen Familie gemeinsam in die Kirche.“ Jeder habe ihm den Stolz auf seine acht Kinder – fünf Töchter und drei Söhne – anmerken können. Das tägliche Gebet mit der Familie sei selbstverständlich für ihn gewesen.

1941 kam Lejeune-Jung über einen Gewerkschaftsmann in Kontakt mit der Widerstandsgruppe um Carl Friedrich Goerdeler. Für diesen hatte Lejeune-Jung bereits ein Konzept zur wirtschaftspolitischen Gestaltung Deutschlands nach dem Krieg formuliert. Auf der Kabinettsliste der geplanten zivilen Regierung, die nach dem erfolgreichen Umsturz am 20. Juli 1944 eingesetzt werden sollte, war Lejeune-Jung als Wirtschaftsminister vorgesehen. Doch das Attentat scheiterte und Lejeune-Jung und viele Mitglieder des zivilen Widerstands wurden verhaftet. Am 8. September 1944 wegen Hochverrats zum Tode verurteilt, wurde er noch am selben Tag zusammen mit Josef Wirmer und vier anderen Verurteilten in Plötzensee gehängt. Mit dem Gebet „ Mein Jesus Barmherzigkeit“ soll er in den Tod gegangen sein.

Dr. Jürgen Meyer-Wilmes