Generalmajor Hellmuth Stieff

Hinter Generalmajor Hellmuth Stieff lag ein langer Weg und hartes Ringen, als er am 20. Juli 1944 mit Claus Graf Schenk von Stauffenberg das Flugzeug bestieg, dass sie zum Attentat nach Rastenburg bringen würde. Das Attentat misslang. Hellmuth Stieff wurde am 8. August 1944 im Gefängnis Berlin Plötzensee als Mittäter erhängt.

Lange Jahre sah es nicht so aus, als dass der spätere Generalmajor sich einmal in den Widerstand einbinden lassen würde. Hellmuth Stieff, geboren am 6. Juni 1901 in Deutsch Eylau (Westpreußen), wuchs in einem evangelischen Elternhaus auf. Er heiratete am 23. September 1929 die katholische Cäcilie Gaertner. Die Ehe blieb kinderlos. Unaufhaltsam erklomm Stieff Stufe um Stufe auf der militärischen Karriereleiter. Er hatte unzählige Reisen zu bewältigen, so dass die Eheleute oft getrennt waren. Sie schrieben sich unzählige Briefe, von denen viele erhalten sind. Sie geben Aufschluss darüber, wie sich die Gesinnung des Offiziers nach und nach veränderte. Unverrückbar hielt er an seinen christlichen Überzeugungen fest. An ihnen maß er das Zeitgeschehen. Die sich überstürzenden Ereignisse führten ihm vor Augen, dass er als Christ die nach der Alleinherrschaft strebende NSDAP nicht länger unterstützen konnte. Der sich offenbarende offene Hass gegen die Juden in der Reichsprogramnacht vom 9./10. November 1938, die einsetzende Brutalität des deutschen Heeres im Feldzug gegen Polen ab dem 1. September 1939, die Katastrophe von Stalingrad und die öffentliche Judenverfolgung und geplante Vernichtung des jüdischen Volkes ließen ihn in den aktiven Widerstand wandern. Immer mehr durchschaute er das politische Gebaren. In seinen Briefen nannte er den „Führer“ einen „wahren Teufel in Menschengestalt“.

Das Attentat hat sich in das deutsche Gedächtnis tief eingebrannt. Immer wieder wird die Frage erhoben, was geschehen wäre, wenn es gelungen wäre. Die Bemühungen der Attentäter in Berlin zur Etablierung einer neuen Ordnung nach der Detonation der Bomben im Führerhauptquartier waren spätestens in dem Moment gescheitert, als sich der „Führer“ im Radio an die deutsche Bevölkerung wandte: Es habe ein Attentat gegeben, er hätte überlebt und würde umgehend alles aufklären und die Verantwortlichen in aller Konsequenz zur Rechenschaft ziehen.

Hellmuth Stieff war nach dem Attentat nicht mit nach Berlin zurückgekehrt. Noch in der Nacht wurde er in Rastenburg verhaftet. Unter Folter versuchte man aus ihm die Namen weiterer Verantwortliche herauszupressen. Hellmuth Stieff schwieg. In dem großen Schauprozess gegen die Attentäter am 7. und 8. August 1944 trat er dem berüchtigten Präsidenten des Berliner Volksgerichtshofes Dr. Roland Freisler mit fester Mine und Gesinnung entgegen. Es konnte nichts anderes als das Todesurteil am Ende des Prozesses stehen.

Noch vor seiner Hinrichtung in der Todeszelle konvertiert Hellmuth Stieff zum katholischen Glauben. Der Brief an seine katholische Ehefrau hat sich erhalten. „Ich werden in Deinem Glauben sterben und mir als Beistand einen Geistlichen Deiner Kirche geben lassen. … Der Tod ist nicht das Ende, sondern nur eine Wandlung.“ Der katholische Gefängnisgeistliche von Berlin-Plötzensee kam dem Wunsch nach. Hellmuth Stieff nahm seinen Tod als Sühne für an „für alle Schandtaten, die wir Deutschen in den letzten Jahren begangen bzw. geduldet haben“, heißt es in seinem Abschiedsbrief.

Autor:
Prälat Prof. Dr. Helmut Moll
Beauftragter der Dt. Bischofskonferenz für das Martyrologium des 20. Jahrhunderts