Pfarrer Albert Hirsch
St. Joseph, Luckenwalde / St. Laurentius, Berlin-Moabit / St. Robert, Berlin-Wedding / St. Peter und Paul, Louisenthal bei Stettin
120 Katholiken zählte die Pfarrei im wohl abgelegensten Teil des Bistums an der Odermündung, die Pfarrer Hirsch im April des Jahres 1931 übernahm. Anfang des 19. Jahrhunderts ließen sich hier in Louisenthal katholische Siedler nieder. Sie hatten von der preußischen Regierung erreicht, ihren katholischen Glauben leben zu dürfen. Und sie hielten in kärglicher Umgebung am Glauben und den Traditionen ihrer Vorfahren fest. Pfarrer Hirsch lebte unter ihnen als der gute Hirte, dem keine Versammlung zu klein und kein Weg in die Häuser für seine priesterlichen Dienste zu weit war.
In der Abgelegenheit nordwestlich von Stettin bildeten sich keine Widerstandsgruppen. Die politischen Umwälzungen erreichten den Landesabschnitt kaum. Das alltägliche Leben, bestimmt vom Wechsel der Jahreszeiten, ging seinen rhythmischen Weg. Als Pfarrer Hirsch am 2. März 1943 in seinem Pfarrhaus von Gestapobeamten verhaftet wurde, wusste er nicht einmal, was ihm vorgeworfen wurde. Aber er ahnte, dass es nicht gut ausgehen würde. „Wenn wir uns hier nicht mehr wiedersehen, Käthchen, dann sehen wir uns oben wieder!“ Mit diesen Worten verabschiedete er sich von seiner Schwester, die ihm den Haushalt führte.
Pfarrer Hirsch, 1894 in Berlin-Charlottenburg geboren, wurde Opfer der Gestapoaktion, die sich gegen alle katholischen Geistlichen in der Umgebung Stettins richtete. Von den ersten Opfern, die verhaftet worden waren, hatte man im Gefängnis Namen erpresst, derer man sich nun habhaft machte. Pfarrer Hirsch zählte zu ihnen. Durch geheime Mitschriften, die durch Spitzel aus dem Gesprächskreis im Stettiner Pfarrhaus der Gestapo vorlagen, konnte man Pfarrer Hirsch das Abhören ausländischer Sender zur Last legen. Der eigentliche Verhaftungsgrund aber lag darin, dass er katholischer Priester war.
Am 30. Juni 1943 erfolgten Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündigung. Vier Jahre Zuchthaus und fünf Jahre Ehrverlust lautete das Strafmaß. In den drei Monaten seit seiner Verhaftung war der Pfarrer schon zum Schatten seiner selbst geworden. Bekannte, die einen kurzen Besuch im Zuchthaus Gollnow bei Stettin erreichen konnten, waren erschrocken über den schnellen Verfall ihres Freundes. Aber sie hörten keine Klage und Aufbegehren. Pfarrer Hirsch fügte sich seinem Schicksal und bot sein Leben als Sühnopfer an. Das Rosenkranzgebet wurde zu seiner inneren Heimat.
Am 25. Juni 1944 besuchte Bischof Konrad Graf von Preysing seinen Priester. Der Kräfteverfall des Gefangenen aber ließ sich nicht aufhalten. In der Nacht zum 22. August 1944 verstarb Pfarrer Hirsch. Im Schatten seiner Pfarrkirche St. Peter und Paul in Louisenthal fand er seine letzte Ruhestätte. Die Gestapo verbot jegliche Ansprache am Grab. Tränen und Gesang wurden zum stummen Protest. Die polnische Gemeinde in Borzysalwiec, wie Louisenthal heute heißt, hält das Grab in Ehren.
Autor:
Prälat Prof. Dr. Helmut Moll
Beauftragter der Dt. Bischofskonferenz für das Martyrologium des 20. Jahrhunderts