Maria Terwiel

Bildnachweis: Reproduktion Gedenkstätte Deutscher Widerstand

Gemeinde St. Ludwig, Berlin-Wilmersdorf

Adressen: Lietzenburger Straße, Seesener Straße 16

Geboren am 07. Juni 1910 in Boppard. Hingerichtet am 05. August 1943 in Berlin-Plötzensee.

Maria Terwiel wuchs mit ihren Geschwistern im katholischen Glauben auf. Der Beruf des Vaters – er war hoher Verwaltungsbeamter – erforderte häufige Ortswechsel für die Familie. In Stettin legte Maria das Abitur ab und studierte Rechtswissenschaft, zuletzt in Freiburg i.Br. Nachdem der Vater wegen seiner SPD-Mitgliedschaft 1933 zwangspensioniert wurde, zog die Familie nach Berlin. Maria stand kurz vor dem Studienabschluss, als 1934 die „arische Abstammung“ zur Voraussetzung für die Zulassung zur Prüfung erklärt wurde. Nach der Rassenideologie der Nazis galt Maria als „Halbjüdin“; denn ihre Mutter, die bereits 1909 katholisch geworden war, entstammte einer jüdischen Familie.

Die Nürnberger Rassegesetze von 1935 und zahlreiche darauf folgende diskriminierende Verfügungen schränkten auch Marias Leben zunehmend ein. Nachdem sie die Universität verlassen musste, nahm sie eine Stellung als Schreibkraft bei einem in Berlin tätigen internationalen Textilkonzern an. Ihren Verlobten Helmut Himpel, ein Zahnarzt und gläubiger Protestant, durfte sie aus „rassischen Gründen“ nicht heiraten. Doch das Paar blieb zusammen und engagierte sich auf vielfältige Weise für Verfolgte. So versorgten sie untergetauchte Juden mit Lebensmitteln, betreuten trotz Verbot jüdische Patienten des Zahnarztes.

Aus Sorge um die Zukunft Deutschlands schlossen sie sich einer Widerstandsgruppe um Schulze-Boysen/Harnack an. Maria Terwiel tippte auf ihrer Schreibmaschine die Predigten des Bischofs Galen gegen die Euthanasie-Morde in hundertfacher Ausfertigung. Sie vervielfältigte auch eine Schrift mit dem Titel „Die Sorge um Deutschlands Zukunft geht durch die Welt“, die an in Berlin arbeitende Auslandskorrespondenten verteilt wurde. Monatelang konnte das Paar im Untergrund wirken.

Im Verlauf der Verhaftungswelle gegen die Widerstandsgruppe der von den Nazis so genannten „Roten Kapelle“ wurden auch Maria und ihr Verlobter aufgespürt und im Januar 1943 wegen „Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens“ und „Feindbegünstigung“ zum Tode verurteilt.

Kassiber der polnischen Mitgefangenen Krystyna zeugen davon, wie sehr sich Maria auch in der Haft um die anderen sorgte. Mit ihr liest sie täglich in der Heiligen Schrift. „Das war die schönste Stunde am Tage“, wird Maria kurz vor ihrem Tod in ihrem Abschiedsbrief schreiben. Sie gibt juristische Ratschläge und formuliert Gnadengesuche für ihre Mitgefangenen; ihr eigenes wird von Hitler persönlich abgelehnt.

Die Hinrichtung des geliebten Mannes stürzt sie in eine tiefe Depression, die sie wohl nur im Glauben zu überwinden vermag. In der Todeszelle schreibt sie für Krystyna das Lied „O Haupt voll Blut und Wunden“ auf, das diese für die polnischen Mitgefangenen übersetzt. – „Wenn ich einmal soll scheiden, so scheide nicht von mir ... Wenn mir am allerbängsten wird um das Herze sein, so reiß mich aus den Ängsten kraft deiner Angst und Pein ... Erscheine mir zum Schilde zum Trost in meinem Tod, und lass mich sehen dein Bilde in deiner Kreuzesnot.“ Wie oft mag Maria Terwiel selbst in den qualvollen Monaten bis zu ihrer Ermordung am 5. August 1943 so gebetet haben?

Dr. Jürgen Meyer-Wilmes