Glaubenszeugen

„Wer immer Menschenantlitz trägt, hat Rechte, die ihm keine irdische Gewalt nehmen darf.“
(Bischof Preysing in dem Adventshirtenbrief 1942)

Einsatz für Verfolgte

Dompropst Bernhard Lichtenberg (1875-1943) wurde am 23. Oktober 1941 verhaftet und von einem Sondergericht wegen „Kanzelmißbrauchs“ und Verstoßes gegen das „Heimtückegesetz“ zu Gefängnishaft verurteilt. Nach Haftverbüßung starb er am 5. November 1943 in Hof während des von der Gestapo verfügten Transports ins KZ Dachau. Papst Johannes Paul II. hat ihn am 23. Juni 1996 in Berlin seliggesprochen. Im Mai 2005 erfolgte die Ehrung als „Gerechter unter den Völkern“durch die israelische Gedenkstätte Yad Vashem.

Mit der handschriftlichen Bitte um Stellungnahme gab Domkapitular Lichtenberg im Juli 1935 einen Bericht über die menschenunwürdigen Zustände im KZ Esterwegen an das von Göring geleitete Preußische Staatsministerium weiter. Seit den Novemberpogromen 1938 schloß Lichtenberg in sein tägliches öffentliches Abendgebet in der St. Hedwigs-Kathedrale „die verfolgten nichtarischen Christen und die Juden ein“.

Nach der Verhaftung Lichtenbergs fand die Gestapo diesen Text seiner Vermeldung, die am darauffolgenden Sonntag von der Kanzel der Kathedrale verlesen werden sollte.

Dr. Erich Klausener (1885-1934) „Katholisch sein, heißt aktiv sein! Katholisch sein, heißt optimistisch sein! Wenn jeder von uns seinen Glauben kennt, nach ihm lebt und sich zu ihm vor der Welt bekennt,  dann werden wir die Gottlosen durch unser Beispiel für Gott zurückgewinnen“, schreibt Erich Klausener im Juni 1933 in einem Aufruf zum Berliner Bistumstag.   Ein Jahr später wurde der gläubige Jurist in seinem Büro im Reichsverkehrsministerium in Berlin hinterrücks erschossen. Dr. Erich Klausener gilt als erster Blutzeuge des Bistums während der NS-Zeit. Seine Ermordung blieb nicht – wie viele andere – geheim. Noch wenige Tage vor seinem Tod hatte Klausener vor 60.000 Gläubigen, die sich zum „Märkischen Katholikentag“ im Hoppegarten versammelt hatten, gesprochen.

Dr. Margarete Sommer (1893-1965), seit 1941 Geschäftsführerin des Hilfswerks. Im ausdrücklichen Auftrag des Bischofs bemühte sie sich zusammen mit ihren zumeist selbst „nichtarischen“ Mitarbeiterinnen, den Menschen beizustehen, die durch immer neue Schikanen und schließlich durch die Deportation in den Tod bedroht waren. Nach Ende des NS-Terrors wurden ihr kirchliche wie staatliche Ehrungen zuteil, doch litt sie zeitlebens darunter, daß sie nur so wenig helfen konnte. Im Januar 2004 ehrte sie die  israelische Gedenkstätte Yad Vashem als „Gerechte unter den Völkern“.

Lieselott Neumark (1910-1943). Aus einer jüdischen Familie stammend hatte sie sich schon als Schülerin dem katholischen Glauben zugewandt. Die ausgebildete Fürsorgerin und Seelsorgehelferin gehörte zu den Mitarbeiterinnen Dr. Sommers. Trotz Bischof Preysings Bemühungen gelang es nicht, ihr zur rechtzeitigen Ausreise zu verhelfen und sie vor der Deportation zu bewahren. Im März oder April 1943 wurde sie in Auschwitz ermordet.

(Arbeitsstelle für Zeitgeschichte, Ursula Pruß)

Opfer der Gewaltherrschaft

Wie überall in Deutschland und in Europa hinterließ das „Dritte Reich“ im Bistum Berlin eine blutige Spur des Todes und mannigfacher Verwüstung.

Zu den Opfern gehörten die jungen katholischen Frauen Eva Maria Buch und Maria Terwiel, die in Widerstandsgruppen um Arvid Harnack und Harro Schulze-Boysen mitarbeiteten. Sie starben am 5. August 1943 in Berlin-Plötzensee unter dem Fallbeil. Rechtsanwalt Dr. Josef Wirmer wurde wegen seiner Zusammenarbeit mit den Widerstandsgruppen des 20. Juli am 8. September 1944 ebenfalls in Plötzensee hingerichtet, zusammen mit Dr. Paul Lejeune-Jung und Generalmajor Hellmuth Stieff.

Ohne Prozeß und Urteil starben der Luckenwalder Familienvater Arno Ertner und der 70jährige Reichsarchivrat Dr. Karl-Heinrich Schäfer im KZ Dachau bzw. Sachsenhausen.

Die Pfarrer August Froehlich (Rathenow) und Joseph Lenzel (Berlin-Niederschönhausen) kamen im KZ Dachau um. Ihr „Vergehen“ war die Seelsorge an polnischen Zwangsarbeitern.

Der Tiroler Provikar Dr. Carl Lampert, der Oblatenpater Friedrich Lorenz und Kaplan Herbert Simoleit wurden als Opfer einer gegen die Geistlichen gerichteten Gestapoaktion in Pommern am 13. November 1944 in Halle/Saale hingerichtet.

Ebenfalls als Opfer der Stettiner Gestapo-Aktion starben der Berliner Familienvater und Amtsgerichtsrat Rudolf Mandrella und der Greifswalder Pfarrer Dr. Alfons Maria Wachsmann im Zuchthaus Brandenburg unter dem Fallbeil.

Aus denselben Gründen verhaftet, starben Kuratus Leonhard Berger aus Zinnowitz/Usedom in einem „Bewährungsbataillon“ und Pfarrer Albert Hirsch aus Luisenthal/Pom. im Zuchthaus Gollnow.

Im KZ Sachsenhausen bei Oranienburg kam Pfarrer Albert Willimsky (Stettin-Podejuch) im Februar 1940 ums Leben. In diesem Konzentrationslager auf dem Gebiet des Bistums Berlin litten insgesamt fast siebenhundert katholische Priester, überwiegend Polen, unter der Schreckensherrschaft der SS.

Robert Jacquinot de Bésange starb an Erschöpfung. Gertrud Bobert wurde trotz ihrer Taufe als Jüdin in der Gaskammer in Auschwitz ermordert, so wie auch Schwester Mirjam Michaelis und Schwester Alice Reis. Justus Delbrück starb unterernährt und entkräftet im Lager Jamlitz. Dr. Alfred Etscheid erlag den Torturen im KZ Flossenbürg in der Oberpfalz. Im Lager Graudenz an der Weichsel starb Erzpriester und Geistlicher Rat Paul Ernst Gediga völlig erschöpft. Alfred Andreas Heiß wurde wegen „Zersetzung der Wehrkraft“ zum Tode verurteilt. Die Spur von Gertrud Jaffé verliert sich im KZ Stutthof. In der Nacht vom 22./23. April 1945 werden Richard Kuenzer und 15 weitere Häftlinge aus Moabit von einem SS-Kommando auf ein nahe gelegenes Ruinengelände geführt und erschossen. Am 17. April 1944 starb ein Mann, der die Bergpredigt zu seinem Programm gemacht hatte: der katholische Priester Max Josef Metzger. „Selig die Friedfertigen, denn sie werden Kinder Gottes heißen“ – im Sinne dieser Verheißung wirbt er für den Frieden. Pfarrer Paul Sawatzke schützte Frauen vor der Vergewaltigung und wurde dafür erschossen.