Schwester Mirjam (Elisabeth) Michaelis

Pfarrei Corpus Christi, Berlin-Prenzlauer Berg


Wie und warum sind sie denn katholisch geworden? Wer diese Frage stellte, bekam zur Antwort von Schwester Mirjam: „Das ist einfach Gnade, da kann ich nichts erzählen!“ Der Glaube ist immer eine Antwort. Gott ist der Erste. Er ist der, der ruft. Einfach und schlicht begegnet man dieser Grundwahrheit des Christentums im Leben Schwester Mirjams.

Die spätere Ordensschwester, geboren in Berlin 1889, kam aus einem jüdischen Elternhaus. Schon mit 16 Jahren hatte sie beide Eltern verloren. Nach einer kaufmännischen Lehre konnte sie sich ihren Lebensunterhalt selber verdienen. Im Alter von 30 Jahren wurde sie getauft. Nach der Taufe in der Kirche Corpus Christi in Berlin-Prenzlauer Berg erlebte sie in der Pfarrgemeinde die glücklichsten und unbeschwertesten Jahre ihres Lebens. Das katholische Leben wurde ihr immer vertraut, sie übernahm Verantwortung und gestaltete das Leben der Pfarrei mit.

Doch sie vernahm noch eine weitere Stimme in ihrem Inneren. In der Pfarrei lebten Katharinenschwestern, deren Nähe sie suchte. Sie liebte es, mit den Schwestern zusammen zu sein. Doch bat sie nicht bei ihnen um die Aufnahme in den Orden. Am 6. September 1928 schloss sie sich den Josefsschwestern in Trier an. Doch schnell holte sie ihre jüdische Vergangenheit ein. Ihr weiteres Leben glich dem Schicksal der hl. Edith Stein, der Karmelitin Schwester Teresia Benedicta a Cruce.

Seit dem Jahr 1933 wurde die Verfolgung der Kirche und besonders der Juden offensichtlich. Die Niederlassung der Josefschwestern in saarländischen Saarlouis, in der Schwester Mirjam lebte, wurde beschlagnahmt und geschlossen. Die Schwestern mussten sich auf andere Konvente aufteilen. Der Weg von Schwester Mirjam führte wieder in ihre Geburtsstadt Berlin in das Xaveriusstift. Doch auch hier konnte sie nicht lange bleiben. Nach der Reichsprogromnacht und dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges versuchte die Ordensleitung, Schwester Mirjam in den Niederlanden einem Zugriff zu entziehen. Doch Orte in der Nähe Rotterdams und in der Nähe Maastrichts boten keinen Schutz.

Nach dem Hirtenwort der niederländischen Bischöfe wurden alle katholisch gewordenen Juden Ziel der Racheaktion der NS-Besatzungsmacht. Busse und Transportwagen holten die vielen Ordensfrauen aus den Häusern. Ihre Oberin erinnerte sich später an den Moment am 2. August 1942, als sie Schwester Mirjam zu holen hatte. Gestapobeamte standen an der Pforte. „Ich legte ihr die Hand auf die Schulter und sagte, das Kreuz ist da. Sie verstand sofort.“ Es ging in das Lager Westerbork, in dem Schwester Michaelis auch auf Edith Stein traf.

Der Sammeltransport nahm am 8. August seinen Weg in das KZ Auschwitz auf. Hier gehörte Schwester Mirjam zu denen, die direkt nach ihrer Ankunft in die Gaskammern geführt und umgebracht wurden.

Autor:
Prälat Prof. Dr. Helmut Moll
Beauftragter der Dt. Bischofskonferenz für das Martyrologium des 20. Jahrhunderts