Rudolf Mandrella

Bildnachweis: Archiv des Morusverlags

Rudolf Mandrella wird am 6. März 1902 in Auschwitz geboren. Intelligent und ehrgeizig, schließt er das Gymnasium mit besten Noten ab. 1923 beginnt er in Berlin ein Jurastudium und beendet es erfolgreich. 1933 kann er sich Assessor nennen. Drei Jahre später heiratet er. Rudolf und Maria Mandrella wohnen in Berlin-Karlshorst in der Königswinterstraße 24. In der Karlshorster Pfarrkirche St. Marien werden ihre drei Söhne getauft. Beruflich ist Mandrella als Amtsgerichtsrat in Berlin-Köpenick tätig.

Bedingt durch sein geschultes Rechtsempfinden lehnt er Theorie und politische Praxis des Nationalsozialismus entschieden ab. Um einer befürchteten Einberufung zur Wehrmacht zuvorzukommen, meldet er sich 1941 zur Marine. Als Intendanturrat nach Stettin versetzt, nimmt er dort Kontakt zur Pfarrei auf und trifft so Kaplan Simoleit. Voller Freude, im „Stettiner Kreis“ regimekritische Gleichgesinnte zu treffen, wird er einer der Gesprächspartner.

Dass in diesem Kreis ein Gestapo-Spitzel eingeschleust ist, der alle Äußerungen protokolliert, erkennt auch Rudolf Mandrella zu spät. In der Nacht vom 4. zum 5. Februar 1943 wird er verhaftet. Das Reichskriegsgericht in Dessau verhängt am 12. Mai 1943 die Todesstrafe wegen „Wehrkraftzersetzung“.

Im Untersuchungsgefängnis Berlin, Lehrter Straße, verbringt Rudolf Mandrella die letzten Monate seines Lebens in Einzelhaft. Da ihm, dem Todeskandidaten, eine Schreibmöglichkeit gewährt wird, führt er Tagebuch. Es ist ein erschütterndes Dokument seines inneren Ringens um Glaube und Hoffnung. Er beginnt, mit bisher ungekannter Intensität im Neuen Testament zu lesen. Angesichts des Todes stellt er sich den Worten des ewigen Lebens. Aus dem Betrachten der Heiligen Schrift erwächst ihm die Gnade des Betens: Erbetet den Rosenkranz, er betet den Kreuzweg. Im Blick auf die bevorstehende Hinrichtung notiert er: „Ich glaube, ich werde reif für den Sinn der Welt.“

Der Abschiedsbrief, den er am Tage der Urteilsvollstreckung seiner Frau schreibt, spiegelt den Prozess seines Reifens durch das Leid und das Vertrauen auf Gott wider: „Meine geliebte Maria! Wenn ich Dich nun nicht mehr hier sehe, so weiß ich doch, dass wir uns droben wiedersehen werden. Der Gedanke daran macht mich ruhig, fast heiter. (…) Wenn Du kommunizierst, denke an mich. Es ist auch die mystische Gemeinschaft, die auch nach dem Tode zwischen uns fortbestehen wird. Ich bete, dass Gott die Kinder segne. Erziehe sie zu aufrechten, wackeren, freudigen Männern und Christen. (…) Wenn die Kinder groß sind, sage ihnen, ich habe sie sehr geliebt. Sie waren nach Dir mir das Liebste auf der Welt. Es küsst Dich in aller Liebe, in menschlicher und göttlicher – Dein Rudi.“

Am 3. September 1943 stirbt Rudolf Mandrella unter dem Fallbeil im Zuchthaus Brandenburg-Görden.

Juliane Bittner