Hirtenwort

Frohe, gespannte und zuversichtliche Erwartung

Dresden, den 08.06.2015

Liebe Schwestern und Brüder im Erzbistum Berlin!

Sofort nach meiner Ernennung zum Erzbischof von Berlin sende ich Ihnen einen herzlichen Gruß! Als Ihr Dompropst mich anrief und mir die Wahl des Domkapitels mitteilte, wurde es mir angesichts der Verbundenheit mit vielen Menschen in meinem Bistum Dresden-Meißen sehr schwer ums Herz. Aber nachdem ich mich vor Gott entschieden habe, dem Ruf nach Berlin zu folgen, wächst in mir die frohe, gespannte und zuversichtliche Erwartung auf unsere gemeinsame Zeit im Erzbistum Berlin. Ich danke dem Heiligen Vater für die Ernennung, Ihrem Domkapitel für die Wahl und Ihnen, die Sie für den neuen Erzbischof gebetet haben, für Ihr Gebet, um das ich Sie auch weiterhin bitte.

Vom Rhein führte mich mein Weg zur Elbe und nun weiter zur Spree: Vom gotischen Dom in Köln zur barocken Hofkirche in Dresden und nun zur klassizistischen St. Hedwigs-Kathedrale im Herzen Berlins. Welcher Reichtum des Lebens und des Glaubens steht hinter diesen Kirchen! Wie tief ist dabei die uns verbindende Einheit des Glaubens und der Kirche, wie tief die uns zu allen Zeiten und an allen Orten geschenkte Gegenwart Gottes, in der wir leben dürfen! „Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Der Herr ist nahe.“ (Phil 4,4-5) Diese Worte aus dem Philipperbrief wählte ich bei meiner Bischofsweihe zu meinem Wahlspruch und werde ihn auch in Berlin im Glauben aus tiefem Herzen weitertragen.

Anfanghaft weiß ich um die so unterschiedliche Situation und die verschiedenartigen Herausforderungen unserer Kirche in Berlin, Brandenburg und Vorpommern mit ihren Stadt- und Landregionen. Ich bin froh, dass wir miteinander dieses Erzbistum Berlin bilden und unsere unterschiedlichen Prägungen, Lebens- und Glaubenserfahrungen und unsere Charismen in ein fruchtbares Miteinander einbringen können. Ich freue mich sehr auf unsere Begegnungen und unser aufmerksames Kennenlernen.

Im Dienst und im Amt des Bischofs wird die sakramentale Verbindung der Ortskirche mit Christus, mit dem Heiligen Vater und mit den Bischöfen und Gemeinden zu allen Zeiten und an allen Orten sichtbar. Mit ganzem Herzen übernehme ich die Verantwortung meines bischöflichen Amtes in Verbundenheit mit meinen Vorgängern Kardinal Woelki, Kardinal Sterzinsky und Kardinal Meisner, mit denen ich auf meinem bisherigen Lebensweg schon verbunden war. Gerne werde ich meinen Weg auch mit den Bischöfen und den Bistümern in unserer Metropolie gehen.

Mein erstes Jahr in Berlin wird das Jahr sein, das Papst Franziskus als ein Heiliges Jahr der Barmherzigkeit ausgerufen hat. Hinter unserem Leben und dem Leben aller Menschen steht der gute Gott, der uns in seinem Herzen trägt und aus dessen Liebe wir nie fallen, nicht im Leben und nicht im Tod. Welch frohe Botschaft für alle Menschen! Sie ermutigt uns, auch mit den Menschen, die unseren Glauben nicht oder noch nicht teilen, Gottes Gegenwart zu entdecken. Auf die Begegnung mit Ihnen, den Ungetauften, freue ich mich. Vielleicht werden wir miteinander auf unserem Weg erfahren, dass nicht nur wir nach Gott fragen, sondern dass schon viel früher Gott nach uns fragt. Wahrscheinlich sind wir einander viel näher als wir es ahnen.

Voll Zuversicht sehe ich den Begegnungen mit unseren Schwestern und Brüdern in der Ökumene entgegen. Es ist gut, dass wir miteinander auf dem Weg sind, füreinander eine Bereicherung, und so einander helfen, den uns von Gott gegebenen Auftrag der Sendung um Gottes und der Menschen willen zu erfüllen. Ich grüße herzlich die jüdischen Gemeinden, die islamischen Gemeinschaften und alle, mit denen wir im interreligiösen Dialog verbunden sind.

In Berlin leben wir in der so lebendigen Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland. Ich bin auf den Dialog mit den Menschen in den verschiedenen gesellschaftlichen, politischen, wissenschaftlichen und kulturellen Lebensbereichen sehr gespannt. Ich bin froh, dass wir gemeinsam Verantwortung wahrnehmen und unsere demokratische Gesellschaft mit Leben zu füllen versuchen.

Mit all meinen Kräften werde ich mich bemühen, für die Menschen in unserem Bistum ein guter Hirte zu sein. Ich weiß um die Armut und Not vieler Menschen, die für uns als Christen eine Herausforderung und ein Herzensanliegen sind: in ihnen ist Gott uns ganz besonders nah.

Ich freue mich auch auf viele Begegnungen mit den Schwestern und Brüdern, die aus so vielen unterschiedlichen Ländern dieser Welt zu uns gekommen sind und mit ihrem ganzen Reichtum zu uns gehören und hoffe auf ein gutes Miteinander mit den Migranten und Flüchtlingen.

Nach den ersten Begegnungen mit den Verantwortlichen unseres Erzbistums erahne ich ein wenig die Herausforderungen, die sich uns in unserer Gesellschaft und in den verschiedenen Lebensbereichen unseres Bistums stellen. Ich bitte Sie um Ihre Bereitschaft, miteinander diese Herausforderungen anzugehen mit all´ den Gaben, die Gott uns geschenkt hat, und mit der Zuversicht des Glaubens, dass Gott mit uns geht und sein Geist uns Anteil gibt an seiner schöpferischen Kraft. Wir befinden uns in einem Prozess der Überlegung, wie wir inhaltlich und strukturell den Weg der Kirche und ihren Sendungsauftrag zu den Menschen hin weitergehen sollen: „Wo Glauben Raum gewinnt“. Gerne gehe ich mit Ihnen diesen Weg, uns unserer Berufung vor Gott neu bewusst zu werden und gemeinsam mit allen Gemeinden, Gemeinschaften und Einrichtungen in unserem Erzbistum nach Wegen zu suchen, das Wort Gottes in unserer Zeit den Menschen nahe zu bringen. Diesem Ziel müssen alle personellen, strukturellen und finanziellen Entscheidungen kraftvoll dienen.

In Leipzig durfte ich vor wenigen Wochen die dortige Propsteikirche im Herzen der Stadt weihen. Unsere St. Hedwigs-Kathedrale steht ebenso mitten im Zentrum Berlins. Ihre Sanierung steht dringend an, verbunden mit Überlegungen zu ihrer Umgestaltung. Vielleicht ist dies ein Zeichen für die noch viel größere Aufgabe, die vor uns liegt: miteinander Gott die Ehre zu geben und für die Menschen in unserer Gesellschaft offen und einladend Kirche zu sein. Ich hoffe, dass wir so mit ihnen die Erfahrung teilen können, dass Gott mitten unter uns lebt und den Weg unseres Lebens mit uns geht. Es wäre mein Herzensanliegen, dass die Zeit der baulichen Erneuerung auch eine Zeit der geistlichen und gemeinschaftlichen Auferbauung werde.

Voller Erwartung, Spannung und Zuversicht möchte ich mich mit Ihnen auf meinen Weg als Erzbischof des Erzbistums Berlin begeben.

Bis dahin wünsche ich Ihnen von Herzen eine gute Sommerzeit!

Gott segne uns alle und unseren gemeinsamen Weg!

Ihr neuer Erzbischof

Dr. Heiner Koch

 

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