Was möchte Gott von uns?

Gesamter Prozess wächst aus geistlichem Fundament

Von Alfred Herrmann

„Wenn wir über die Zukunft unserer Kirche nachdenken, müssen wir uns den Kernfragen stellen: wie bringen wir Menschen mit Jesus und seinem Evangelium in Berührung? Wie gelingt es, das Wort Gottes mit dem Alltagsleben in Verbindung zu bringen? Welche Voraussetzungen brauchen wir dazu?“ Für Prälat Stefan Dybowski bilden diese Fragen Ausgangspunkt und Motivation für den Pastoralen Prozess „Wo Glauben Raum gewinnt“.

Gemeinsam mit dem Theologen Christopher Maaß ist Prälat Dybowski verantwortlich für die geistliche Begleitung. Beide machen deutlich: „Wo Glauben Raum gewinnt“ ist per se ein geistlicher Prozess. „Wir müssen uns der veränderten Situation stellen, dass immer weniger Menschen ihren Glauben voll Begeisterung bezeugen. Die erste Frage heißt daher: Wie kann in der heutigen Zeit lebendige Gottesbeziehung entstehen und Verkündigung des Reiches Gottes gelingen?“, meint Maaß. Geistliche Ausrichtung und strukturelle Veränderungen seien nicht trennbar. Es gelte, die heutige Zeit, in der Menschen immer häufiger den Kontakt zur heilbringenden Botschaft Jesu verlieren, als geistliche Herausforderung wahrzunehmen.

Wie kann Verkündigung des Reiches Gottes gelingen?

Die Frage, wie das geschehen könne, richte sich an alle in den Gemeinden, Pfarreien, Orten kirchlichen Lebens, Verbänden, der Bistumsleitung. „Am Anfang des Prozesses sollte immer die Überlegung stehen: Was will Gott von uns, konkret an diesem Ort mit seinen Besonderheiten, in dieser Zeit, mit all den Herausforderungen und Menschen, mit denen wir zusammenleben?“ Dybowski und Maaß fordern eine intensive Reflexion dieser Frage, bevor sich Pfarrgemeinderäte, Ausschüsse oder Gremien Strukturanalysen zuwenden und neue Pfarreigrenzen diskutieren. Und sie sollte im Laufe des Prozesses immer wieder neu reflektiert werden.

Wie kann das gelingen? Maaß empfiehlt, innezuhalten und gemeinschaftliche Zeiten der Stille, des Schweigens oder Gebets zu suchen. „Warum legen wir nicht die Heilige Schrift in die Mitte?“, schlägt Dybowski vor. Das sei eine geeignete Form, sich mit dem Wort Gottes auseinanderzusetzen, darüber nachzudenken und zu fragen, was Gott konkret von uns möchte.

Gemeinsam überlegen

„Was möchte Gott von unserer Gemeinde?“ – Die Reflexion dieser Frage soll nicht auf die Aktiven im Prozess beschränkt bleiben, sondern sich auf die ganze Gemeinde ausweiten. Es gibt viele Orte und Gelegenheiten, das Wort Gottes zu reflektieren: vor einer Chorprobe, im Familienkreis, im Zusammenhang mit einem Seniorenheim oder einer karitativen Einrichtung in der Pfarrei. Auf diese Weise gelangt Gottes Wort immer mehr in das alltägliche Leben der Menschen. Orte der Begegnung können zu Orten kirchlichen Lebens werden, nicht, weil ein Kreuz oder Caritassymbol an der Tür steht, sondern, weil die Menschen ein Stück vom Geist des Evangeliums Jesu Christi erfahren.

Foto: Hedwigskapelle in der Hedwigskathedrale.  Walter Wetzler