„Wie soll das nur werden?“

Herausforderung Entwicklungsphase: Eine Vision für den Pastoralen Raum

Von Prälat Stefan Dybowski

Es ist schon einige Wochen her: das Weihnachtsspiel in der Pfarrkirche Heilig Geist in Berlin- Charlottenburg. Es brachte mich zum Nachdenken und ich habe etwas dazugelernt.

Maria und Josef auf dem Podium, die Geburt Jesu steht kurz bevor. „Gleich ist es so weit“, Maria wendet sich an Josef. „Wie soll das nur werden?“ Auf einmal treten zwei Mädchen auf: „Wir sind die Hebammen!“ Sie wenden sich der werdenden Mutter zu: „Komm, Maria, wir schaffen das schon!“

Hebammen? Die gibt es in der Weihnachtsgeschichte nach Lukas doch gar nicht? Ich werde nachdenklich: Wozu die Hebammen? Sie haben geholfen, dass Jesus zur Welt kommen kann. So könnte man auch ein geistliches Ziel für den Pastoralen Prozess „Wo Glauben Raum gewinnt“ formulieren: mitwirken, dass Gott in unsere Welt kommen kann.

Für zahlreiche Pfarreien beginnt in diesen Wochen die Entwicklungsphase. An deren Ende soll ein Pastoralkonzept stehen. Doch was soll in einem solchen Konzept stehen? Natürlich die pastoralen Aufgabenfelder, die Gottesdienste, geistliche Angebote und nicht zuletzt: Wer ist für was verantwortlich?

Ich träume von einer Kirche, die …

Beginnen würde ich das Pastoralkonzept jedoch mit einem Gedanken, der eine motivierende Kraft besitzt. Viele sprechen von Visionen. Wovon träume ich? Wie stelle ich mir die Zukunft im Pastoralen Raum vor? Wie kann ich mithelfen, dass Gott in dieser Welt erfahren wird?

In „Freude am Evangelium“ (Evangelii gaudium) schreibt Papst Franziskus von einer „anziehenden Kirche“. Könnte dies eine Vision für Pastorale Räume sein: Räume ermöglichen, in denen Menschen Freude am Evangelium erfahren?

Anfang Dezember besuchte ich mit 14 Mitarbeitern im pastoralen Dienst die Philippinen, um zu erleben, wie dort Gemeindeleben aussieht. Wir haben viel von Visionen gehört. Doch wir haben auch gelernt, dass Visionen so etwas wie eine Entwicklungsphase durchmachen. Es genügt nicht, wenn einer eine tolle Idee hat. Wichtig ist, dass diese Visionen geteilt, mit anderen besprochen und diskutiert werden. Was können wir tun, um eine anziehende Kirche zu werden und Menschen mit dem Evangelium in Berührung zu bringen? Ein Pastoralkonzept wird auf Papier geschrieben. Doch vorher entsteht es in den Gedanken und Herzen vieler Menschen.

Mutig und kreativ

Nach dem Weihnachtsspiel kam mir eine Stelle aus dem Alten Testament in den Sinn. Das Volk der Hebräer war in Ägypten. Dort vermehrten sie sich so zahlreich, dass die Ägypter Angst bekamen. Daher gab der Pharao den Hebammen den Befehl, nur die Mädchen am Leben zu lassen. Doch die Hebammen antworteten: Wenn wir kommen, „haben die Hebräerinnen ihr Kind bereits geboren“. So widersetzten sie sich dem Pharao. Mutig und pfiffig zugleich. Mut und Kreativität sind wichtige geistliche Bausteine, um Gott in unserer Welt erfahrbar zu machen.

„Wie soll das nur werden?“ Die unsichere Frage Marias vor der Entbindung wird so manchem auf dem Herzen liegen. Ich möchte die Antwort der Hebammen geben: „Das schaffen wir schon!“ – nicht, um die Augen vor den Problemen zu schließen oder alles schön zu reden. Sondern weil ich schon vielen Menschen in unseren Gemeinden begegnet bin, die wie Hebammen mithelfen wollen, dass Gott in unsere Welt kommen kann.

Foto: Die Gedenkkirche Regina Martyrum in Berlin-Plötzensee. Alfred Herrmann