Die Anekdote ist schon alt: Ein katholischer Pfarrer und ein evangelischer Pastor streiten sich darüber, wer Gott in der rechten Weise verehrt. Schließlich beendet der katholische Kollege den Streit mit den Worten: „Einigen wir uns darauf, wir loben beide Gott, Sie auf Ihre Weise und ich auf seine Weise!“.
Nun, die kleinen Sticheleien zwischen den Konfessionen sind heute eher Ausdruck von Sympathie. Die Zeiten harter Konfrontationen sind gottlob vorbei. Und gerade hier in Berlin pflegen wir gute, freundschaftliche Beziehungen zu unseren evangelischen und orthodoxen Schwestern und Brüdern. Natürlich sind wir nicht in allen Fragen einer Meinung, aber auch wir müssen der Realität ins Auge blicken: Die Kirchenzugehörigkeit nimmt ab, die Austrittszahlen schmerzen. Wir sind längst in der Realität angekommen – die Zeit der Grabenkämpfe ist vorbei. Stattdessen tun wir uns zusammen und blicken auf das - oder besser gesagt den, der uns eint: Jesus Christus.
Interessanterweise ist die Gottesfrage in unserer säkularen Gesellschaft nicht tot. Das spüre ich ganz häufig in den vielen Gesprächen, die ich als Bischof auch mit vielen nichtgläubigen Menschen führe. Woher komme ich und wohin gehe ich? Diese existentiellen Fragen beschäftigen die meisten auch heute noch. Dass es über das Messbare und Zählbare hinaus noch eine spirituelle Dimension des Lebens gibt, bezweifeln meiner Erfahrung nach nur wenige.
Hier sind wir als Kirchen mit unseren Angeboten gefragt. Und ich sage bewusst Kirchen. Denn es gibt weit mehr als nur katholisch oder evangelisch! Wie weit die Ökumene reicht, machen uns die vielen Geflüchteten aus Syrien und der Ukraine deutlich, sie gehören in den meisten Fällen den orthodoxen Kirchen an. Aber nicht nur durch die Geflüchteten sind unsere guten Beziehungen zur Orthodoxie in den letzten Jahren gestärkt worden. Natürlich gibt es Unterschiede – in der Lehre, in der Tradition, in Ausdrucksformen. Aber, alle eint der Glaube an Jesus Christus, als Retter und Erlöser.
In der kommenden Woche beginnt die „Gebetswoche für die Einheit der Christen“. In den Gottesdiensten wird deutlich, dass wir trotz aller Unterschiede zusammen beten können. Und wir spüren, dass wir gemeinsam stärker und wirkungsvoller sind, als alleine. Alle Christinnen und Christen sind Boten der Liebe Gottes und ich wünsche mir, dass wir gemeinsam – in aller Unterschiedlichkeit – Kirche für die Menschen sind. Denn das ist unser Auftrag.
Ich wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende und einen gesegneten Sonntag.