Gottesdienst - Fasten

Wer schon einmal gefastet hat, der kennt das vielleicht. Wenn man über mehrere Tage gar nichts gegessen hat, verschwindet das Hungergefühl, fast gewöhnt man sich daran. Umso mehr muss man aufpassen in dem Moment, wenn man das Fasten bricht, also beginnt, wieder feste Nahrung zu sich zu nehmen. Wer dann zu schnell und zu viel isst, muss mit gesundheitlichen Schäden rechnen. Die Muslime machen es uns vor, achtsam zu bleiben. Das allabendliche Fastenbrechen im Ramadan beginnt mit einem Gebet, das die Dankbarkeit zum Ausdruck bringt. Danach isst man zunächst nur eine Dattel. Dankbarkeit für die Speise und Behutsamkeit sind die richtige Haltung.

Um unseren Beitrag zur Bewältigung der Corona-Pandemie zu leisten, haben wir lange und teilweise sehr streng gefastet, auch als Kirche. Ich weiß voller Dankbarkeit, dass andere weitaus größere Opfer gebracht haben. Aber wir haben Ostern, Pfingsten, Christi Himmelfahrt – immerhin unsere höchsten Feiertage – und zuletzt Fronleichnam und die Priesterweihe mit starken Einschränkungen gefeiert, was richtig, aber eben auch ein echtes Fasten war. Wenn wir jetzt wieder größere Freiheiten und Möglichkeiten haben, sollten wir sehr behutsam und vorsichtig vorgehen und das bewusst genießen, was möglich ist.

Mich bewegt eine große Dankbarkeit über das, was wieder möglich ist, gleichzeitig will ich „den Mund noch nicht zu voll nehmen“, wir wollen sehr behutsam und achtsam vorgehen. Wir werden Schritt für Schritt und wohlüberlegt verantwortlich mit der wiedergegebenen Freiheit umgehen. Wir wollen versuchen nachzuholen, was möglich ist, zum Beispiel die Feier der Erstkommunion oder der Firmung, auf die sich Kinder und Jugendliche intensiv vorbereitet haben.

Wir haben wie die Theater und Konzertsäle auf öffentliche Veranstaltungen verzichtet. Jetzt ist es aber wieder an der Zeit, in Erinnerung rufen, dass auch öffentlich und gemeinschaftlich gelebte Religion, etwa in Gottesdiensten und Versammlungen, ähnlich wie Kunst und Kultur zum Leben dazu gehören, das das Grundgesetz unter der Religionsfreiheit besonders schützt. Denn der Mensch braucht das gute Wort, den Zuspruch, ja einen Ort für seine Fragen, Sorgen und seine Hoffnung. Denn der Mensch lebt nicht vom Brot allein.

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag.