Radikal zuhören statt radikal wählen

Am morgigen Sonntag dürfen die Brandenburgerinnen und Brandenburger ihr Wahlrecht ausüben. Sie haben die Möglichkeit, in einer aufwühlenden Zeit an der künftigen Weichenstellung des Landes mitzuwirken. Die Diskussionen in unserer Gesellschaft haben sich in den vergangenen Jahren immer mehr zugespitzt. Auseinandersetzungen über die richtige Politik wurden lauter, gereizter und immer unversöhnlicher. Fast hat man den Eindruck, dass sich die verschiedenen Lager gänzlich voneinander abschotten und keinem Argument der anderen Seite mehr Gehör schenken. Es droht eine gesellschaftliche Spaltung. Die Wahlen in Thüringen und Sachsen haben gezeigt, dass sich viele von der bisherigen Politik nicht verstanden fühlen. Manche empfinden sich sogar als Deutsche 2. Klasse, deren Lebensleistungen und Bedürfnisse nicht berücksichtigt werden. Sie setzen deshalb auf einen radikalen Neuanfang, auf Parteien und Personen, die scheinbar einfache Lösungen für komplexe Probleme versprechen. Ja, ich kann sehr gut verstehen, dass Menschen verunsichert und unzufrieden sind - angesichts der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, der weltweiten Fluchtbewegungen, deren Probleme auch unser Land treffen und der furchtbaren Gewalttaten Einzelner. Gerade deshalb ist es wichtig, sich nicht voneinander abzuwenden, sondern auf das Gemeinsame zu schauen und zu überlegen, welche die besten Antworten für die Zukunft sein können. Der allererste Schritt dafür ist, einander zuzuhören. Deshalb hat die Caritas die Kampagne #RadikalZugehört gestartet und bietet online einen sogenannten Frust-O-Mat an. Dieser eröffnet die Möglichkeit, Gefühle, Wünsche und Ängste zu äußern, um wieder miteinander in einen Dialog zu kommen. „Achtet darauf, genau hinzuhören!“ heißt es im Lukasevangelium. Zuhören ist der erste Schritt für einen Austausch, wie die Ursachen für die Unzufriedenheit angegangen werden können. Um meine Mitmenschen zu verstehen, muss ich bereit sein, Ihre Perspektive einzunehmen. Das ist eine Voraussetzung für gegenseitiges Verständnis. Eine gute Zukunft kann nur gemeinsam, in Verantwortung füreinander gestaltet werden, auch und gerade in der Verantwortung für die Schwächsten der Gesellschaft. Hören Sie einander zu und gehen Sie morgen wählen, damit das Gemeinsame in unserer Gesellschaft wieder in den Mittelpunkt rückt und wir weiterhin in Freiheit solidarisch zusammenleben können.

Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Wochenende.