Der Berliner Dompropst Bernhard Lichtenberg saß ganz selbstverständlich im Charlottenburger Stadtparlament und machte Parteipolitik für die katholische Zentrumspartei. So wie viele andere katholische Geistliche auch in der Weimarer Republik. Er war ein durch und durch politisch engagierter Mensch, ein Vorbild bis heute.
Mit dem beginnenden Bundestags-Wahlkampf werde ich immer häufiger gefragt: „Wie hältst Du’s mit der Politik?“ Anders als Bernhard Lichtenberg, der den Nazis widerstand und nur seinem Gewissen folgend Gefängnis und den Tod in Kauf nahm, bin ich in keiner Partei. Ich gebe keine Wahlempfehlung, ich mache keinen Wahlkampf.
Und trotzdem verstehe ich mich als einen politischen Menschen. Nicht nur weil ich – selbstverständlich – zur Wahl gehe. Ich bin überzeugt von unserer parlamentarischen Demokratie, die ich nach Kräften – nicht nur am Wahltag – mitgestalten und mittragen möchte.
Als Bischof der Katholischen Kirche sehe ich zudem meine Aufgabe, denen eine Stimme zu geben, die nicht gehört werden, die zu kurz kommen, die an den Rand gedrängt oder vergessen werden. Im Bereich der Sozialpolitik erhebt auch unsere Caritas gerade für sie eine starke Stimme.
Ich möchte aber ausdrücklich auch eine Lanze brechen für die Parteien und alle, die sich in ihnen engagieren: es ist aus meiner Sicht ein ermutigendes Zeichen, dass nahezu alle Parteien, auch die etablierten alt-ehrwürdigen, aktuell nach Jahren des Rückgangs wieder neue Mitglieder bekommen. Es führt zu nichts, Politiker zu beschimpfen und Parteien zu kritisieren.
Ob man mit der Bergpredigt Politik machen kann, wurde und wird immer wieder gefragt. Ich bin da skeptisch, muss ich sagen. Aber ich ermutige alle, aus dem Geist der Bergpredigt Verantwortung für unsere Demokratie zu übernehmen, für unser Volk und für alle Menschen, für die wir über Grenzen hinweg Verantwortung tragen, auch durch die Mitgliedschaft in einer Partei. Das steht gerade auch Christen gut zu Gesicht.
Welche Partei für einen Christen infrage kommt, da muss jede und jeder selbst sich gut informieren, sein Gewissen befragen und noch einmal in der Bergpredigt nachlesen. Die gibt jedenfalls Kriterien, welche Parteien nicht infrage kommen.
Ich wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende und einen gesegneten Sonntag.