"Recht auf Glück"Die 66. Filmfestspiele zwischen Stars und Flüchtlingen

Berlin (KNA) Festivaldirektor Dieter Kosslick hat die 66. Internationalen Filmfestspiele Berlin unter das Motto "Recht auf Glück" gestellt. Er versteht darunter den großen Wunsch nach Liebe, Selbstbestimmung, Heimat, Leben, ja Überleben. Hier sieht er auch den inhaltlichen Bezug zwischen Filmkunst und Flüchtlingskrise. Mit diesen Themen befassen sich nicht nur mehrere Filme der an diesem Donnerstag beginnenden Berlinale, die bis zum 21. Februar läuft. Die Festspielleitung will auch rund 20 Schutzsuchenden eine Teilnahme ermöglichen.

Glück hatte Kosslick selbst in diesem Jahr vor allem mit der internationalen Jury. Er konnte die US-Schauspielerin und dreifache Oscar-Gewinnerin Meryl Streep als Präsidentin verpflichten. Sie wird mit weiteren Prominenten die Festspiele im Berlinale Palast eröffnen - und am 20. Februar bekanntgeben, wer die begehrten Bären erhält. Glück hatte Kosslick aber auch mit dem Eröffnungsfilm. Denn die Internationale Premiere des jüngsten Werks von Joel und Ethan Coen "Hail, Caesar!" verspricht mit Josh Brolin, George Clooney, Tilda Swinton und Channing Tatum ein großes Staraufgebot auf dem roten Teppich. Einziges Pech: Scarlett Johansson wird wohl nicht erscheinen.

Nach der Filmkomödie des Regie-Duos um die Entführung eines Hollywoodstars in den 1950er Jahren stehen Dramen und aktuelle Themen im Vordergrund des Wettbewerbs. Der italienische Wettbewerbsbeitrag "Fuocoammare" (Fire at Sea) von Gianfranco Rosi befasst sich in einem Dokumentarfilm mit dem Flüchtlingselend auf Lampedusa. Auch bei Rafi Pitts geht es in "Soy Nero" um Migration. Im Mittelpunkt steht ein 19-jähriger Mexikaner, der versucht, sich durch den Eintritt in die US-Armee als sogenannter Green-Card-Soldat den Traum von einem Leben in den USA zu erfüllen.

In zehn Tagen werden in den verschiedenen Sektionen 434 Filme aufgeführt. Insgesamt 23 Filme laufen im Wettbewerb, davon konkurrieren 18 um den Goldenen und die Silbernen Bären. Die Übrigen laufen außer Konkurrenz. Den vorab vergebenen Goldenen Ehrenbär erhält in diesem Jahr der international renommierte Kameramann Michael Ballhaus.

Deutschland ist nur mit "24 Wochen" von Anne Zohra Berrached im Rennen. In dem Drama spielt Julia Jentsch eine Kabarettistin, die im sechsten Monat schwanger ist. Als sie und ihr Mann (Bjarne Mädel) erfahren, dass das ungeborene Kind das Down-Syndrom und einen schweren Herzfehler hat, denkt das Paar darüber nach, es abzutreiben.

Beiträge aus 20 Ländern sind im Wettbewerb. Gut die Hälfte der Produktionen kommt aus europäischen Staaten, davon allein vier aus Frankreich. Für Kosslick ist es derzeit das Land mit den Filmen, die dem "Puls der Zeit" am nächsten sind. In den Beiträgen geht es vor allem um individuelle Lebensentwürfe. Andre Techine befasst sich mit einer Coming-out-Geschichte. In "L'avenir" (Things to Come) spielt Isabelle Huppert eine 55-jährige Mutter und Philosophielehrerin in einer existenziellen Krise, und in "Saint Amour" von Benoit Delepine mit Gerard Depardieu geht es um eine Vater-Sohn-Beziehung.

Die USA sind mit Jeff Nichols "Midnight Special" und den Stars Kirsten Dunst und Sem Shepard im Wettbewerb vertreten sowie mit dem jüngsten Werk von Spike Lee "Chi-Raq" mit Nick Cannon, Wesley Snipes, Jennifer Hudson und John Cusack. Lees Film läuft allerdings außer Konkurrenz.

Mit Spannung erwartet - wenn auch außerhalb des Wettbewerbs - wird Hans Steinbichlers Neuverfilmung des Tagebuchs der Anne Frank. Lea van Acken spielt das 13-jährige jüdische Mädchen, das sich mit seinen Eltern Otto (Ulrich Noethen) und Edith Frank (Martina Gedeck) sowie ihrer Schwester Margot (Stella Kunkat) in den von den Nazis besetzten Niederlanden versteckt.

Kurz vor der Gala verleihen die Nebenjurys ihre Preise. Die internationalen Filmorganisationen der evangelischen und der katholischen Kirche - Interfilm und Signis - vergeben einen Hauptpreis für einen Film aus dem Wettbewerb sowie je ein Werk aus der Sektion Panorama und aus dem Programm des Forums. Außerdem verleiht der katholische "Filmdienst" mit dem Bundesverband Kommunale Kinos den Caligari-Filmpreis - für einen herausragenden Film in der Sektion "Forum".