Offene Ohren für deinen Freund und Helfer

Künftig als Team unterwegs: Polizeiseelsorgerin Christina Innemann (hinten) und Diakon Lutz Neugebauer (Notfallseelsorger des Erzbistums Hamburg – ganz links) freuen sich über die Unterstützung von Martina Steinfurth, Beata Lapinska und Susanne Lubig (von links). Foto: Privat

Polizeibeamte werden gerufen, wenn jemand Hilfe braucht oder in Not ist. Für die Nöte der Beamten selbst sind Seelsorger da – und in Mecklenburg- Vorpommern seit kurzem auch Ehrenamtliche. Es ist das deutschlandweit erste Projekt dieser Art, der Start des Experiments war vielversprechend. 

„Sie laufen gegen den Strom, hin zu Elend, Gewalt und Tod. Sie sind immer die ersten, die mit einer Krisensituation konfrontiert werden“, erklärt Christina Innemann, katholische Polizeiseelsorgerin in Mecklenburg- Vorpommern, mit Blick auf Polizeibeamte, mit denen sie täglich spricht. Innemann weiß, dass Polizeiseelsorge nicht einfach ist: „Die Beamten sind es gewohnt, zu unterstützen, sie wollen ‚Freund und Helfer‘ sein. Selbst Unterstützung anzunehmen, fällt manchen von ihnen schwer.“ In Mecklenburg-Vorpommern kommen strukturelle Herausforderungen hinzu: Das Flächenland ist dünn besiedelt, viele Dienststellen sind klein, die Wege weit und die personellen Ressourcen der Kirchen gering. Eine Betreuung der Beamten ist dadurch selbst für ein hauptamtliches Team schwierig. So kam die Idee auf, Ehrenamtliche zur Unterstützung der Seelsorger zu suchen. Christina Innemann arbeitete ein Konzept aus und stellte es im Innenministerium vor. Die Rückmeldung war positiv und Mecklenburg- Vorpommern wurde zum Vorreiter – es ist das deutschlandweit erste Projekt, in dem Ehrenamtliche die katholische Polizeiseelsorge unterstützen. „Wie bei jedem neuen Projekt ist uns die Möglichkeit, dass es nicht funktionieren könnte, bewusst“, sagt Innemann. Positive Erfahrungen in Österreich stimmen sie aber optimistisch, außerdem bilden sich die Ehrenamtlichen regelmäßig weiter und die Arbeit wird evaluiert.

Seit kurzem besuchen vier Frauen ehrenamtlich ein- bis zweimal pro Monat eine feste Dienststelle. Eine von ihnen ist Martina Steinfurth. „Ich fand das spannend, weil Polizeibeamte wenig Ansprechpartner haben. Ich dachte mir: Denen muss doch auch mal jemand zuhören“, erklärt sie. Sie freut sich über die freundliche Aufnahme auf dem Stralsunder Revier und das Interesse der Polizisten. In den ersten Gesprächen erkannte sie aber auch eine Distanz und Vorsicht der Kirche gegenüber und stellt klar: „Wir wollen nicht missionieren. Wir kommen, schauen, ob jemand Gesprächsbedarf hat und hören dann einfach zu. Egal ob dienstliche oder private Themen: Wir kommen von außen und sind unbelastete Gesprächspartnerinnen.“

Christina Innemann nimmt den Projektstart positiv wahr und kann sich zukünftig eine Vergrößerung des ehrenamtlichen Teams vorstellen. Interessierte müssen dabei katholisch und mindestens 30 Jahre alt sein. Sie sollten Offenheit gegenüber anderen Weltanschauungen mitbringen und hinter der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen. Martina Steinfurth kann ihr Ehrenamt nach den ersten Erfahrungen bereits empfehlen: „Es ist ein schönes Gefühl, Menschen zu helfen, die sonst für andere da sind.“ Denn manchmal braucht eben „dein Freund und Helfer“ auch selbst Unterstützung und ein offenes Ohr.