Zum ersten Mal schreibe ich heute diese Kolumne und frage mich: „Was würde Jesus dazu sagen“, wenn er liest, was ich schreibe? Er würde vielleicht die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Vielleicht würde er mir aber auch raten: Lass die Finger vom Schreiben! Wie so oft im Leben, bin ich mir nicht sicher, was Jesus sagen würde. Einen Tipp aber würde mir Jesus vermutlich geben: Höre auf die Menschen!
Zuhören, das versuche ich seit mehr als sieben Jahren in Berlin. Gelegenheit dazu habe ich oft. Nicht nur, weil ich Generalvikar und damit der Stellvertreter des katholischen Erzbischofs von Berlin bin. Sondern auch, weil ich täglich in U-Bahn, S-Bahn und Bussen unterwegs bin, manchmal auch in Regionalzügen nach Brandenburg und Vorpommern. Noch zwei Aspekte zu mir: Geboren bin ich in Koblenz, der Stadt an Rhein und Mosel. Ich erfreue mich an den Schiffen auf der Spree und auf Kanälen und Seen, die unsere Stadt Berlin so liebens- und lebenswert machen. Und ich gehöre zu einer Ordensgemeinschaft. Das heißt unter anderem: Bei uns kommt alles in eine Kasse. Aus der leben alle, ganz gleich, ob sie in ihrem Beruf viel oder wenig oder nichts mehr verdienen.
Gütergemeinschaft nennen wir das. SSCC ist die Abkürzung des lateinischen Namens der Gemeinschaft. Mit Latein möchte ich die Leserinnen und Leser nicht beglücken. Nur so viel: Im Namen steckt der Glaube, dass Gott ein Herz für alle Menschen hat.
Vielleicht würde Jesus sagen, dass er sich als guter Zeitgenosse versteht und es in Berlin Zeitgenossinnen und -genossen benötigt. Darunter verstehe ich Menschen, die präsent sind. Sie schauen und hören hin. Sie nehmen am Leben teil und lassen Andere an ihren Fähigkeiten und Möglichkeiten teilhaben. Sie bekommen mit, was geschieht: In Bahnen und Bussen, auf Schiffen und überall dort, wo Menschen zusammenkommen. Wie gerne möchte ich immer mehr in Berlin ein Zeitgenosse sein.