BZ-Kolumne

Jesus hätte Menschen nicht ausgeschlossen

Manchmal vergleiche ich unsere Welt mit einem Symphonieorchester. Wer dort mitspielt, spielt jeweils die Noten, die für sein Instrument vorgesehen sind, um sie musikalisch in Einklang zu bringen. Das Tempo innerhalb einer Symphonie wechselt: mal langsam, mal mittelschnell, mal schnell. Auch die Lautstärke wechselt zwischen piano wie leise und forte wie eher laut. Was Tempo und Lautstärke angeht, gibt es viele Zwischenstufen. Auch gibt es Grundtöne und Zwischentöne. Was es nicht gibt: Missstimmungen und Unstimmigkeiten.

Was aber ist, wenn der Notensatz der Symphonie vom Orchester nicht entsprechend gespielt wird? Die Partitur mag perfekt sein, der Klang aber hängt vom Orchester ab. Man kann diejenigen, die Missklänge verursachen, aus dem Orchester ausschließen. Ob das ein guter Weg ist, hängt natürlich auch von der Anzahl der Musizierenden ab. Schließt man zu viele aus, riskiert man, dass es am Ende kein Symphonieorchester mehr ist. Aus dem Einklang wird dann vielleicht Einstimmigkeit oder gar Eintönigkeit.

Nicht erst in den letzten Wochen zeigte sich die Frage: Was tun wir, wenn es in unserer Welt Misstöne und Missstimmung gibt? Schließen wir Bürgerinnen und Bürger aus? Oder laden wir, um im Bild zu bleiben, zu Stimmproben ein? Hören wir uns einzelne Stimmen an und gehen auf sie ein, um sie wieder Teil des Symphonieorchesters werden zu lassen?

Was würde Jesus dazu sagen? Wenn es Misstöne gab, hat er in Bildern und Gleichnissen gesprochen. Vielleicht wäre ihm angesichts unserer gesellschaftlichen Situation das Symphonieorchester eingefallen. Sicher bin ich mir, dass er kein eintöniges Orchester gewünscht hätte. Er hätte sich wahrscheinlich viele Stimmen und Stimmungen angehört, konservative, liberale, progressive, experimentelle, pragmatische ... Die Partitur, die Grundüberzeugungen zu Freiheit, Menschenwürde und Demokratie, hätte er nicht umgeschrieben. Aber er hätte Menschen nicht ausgeschlossen.