Von Versorgern zu Charismen-EntdeckernTeamentwickler Tewes über Pastoralteams der Zukunft

Starterworkshop zu Beginn der Entwicklungsphase: im Pastoralen Prozess entstehen neue Pastoralteams. Wie gilt es in größeren Räumen zusammenzuwirken? Foto: Nowak

Auf Augenhöhe im Gespräch: Priester, Gemeindereferentinnen, Diakone und Pastoralreferenten suchen nach ihrer Rolle in den Pastoralteams der Zukunft. Foto: Nowak

Auf der Suche nach neuen Wegen: nach den bisherigen Mustern wird die Arbeit in den größer werdenden Räumen nur schwer zu bewältigen sein. Foto: Nowak

Ist ein Pastoralteam tatsächlich ein Team? Arbeiten Gemeindereferentinnen, Pfarrer, Pastoralreferenten, Pfarrvikare und Diakone bisheriger Pfarreien wirklich wie ein echtes Team zusammen? Diese Fragen stehen im Rahmen des Pastoralen Prozesses „Wo Glauben Raum gewinnt“ auf dem Prüfstand. Insbesondere mit Blick auf die bald größeren Pfarreien in Form von Pastoralen Räumen erlangen sie besondere Brisanz.

„Bisherige Pastoralteams sind leider oftmals keine wirklichen Teams“, berichtet Dieter Tewes aus seiner Erfahrung. Gut ein Jahr arbeitete der Pastoralreferent als Referent für Teamentwicklung im Erzbistum Berlin. Ende März wechselt er in das Erzbistum Köln. „Ob man ein Team ist, hängt nicht davon ab, ob und wie häufig man sich trifft.“ Tewes beschreibt den Ist-Zustand in vielen Pfarreien als ein Nebeneinander kompetenter Einzelpersonen, die sich regelmäßig in einer Dienstbesprechung gegenseitig über ihren Arbeitsstand austauschen, Termine und Arbeitsbereiche absprechen, um anschließend für sich alleine weiterzuarbeiten. „Ein Team wird im Bereich der Wirtschaft für ein Projekt gebildet, für das es verschiedene Kompetenzen braucht, die zusammenspielen müssen, um das gemeinsame Ziel zu erreichen. In einem Team arbeitet man nicht direktiv, sondern auf Augenhöhe miteinander.“

Miteinander auf Augenhöhe

Sprich: Nicht einfach die Summe der einzelnen reicht aus, um ein Team zu sein, sondern es braucht das aufgaben-, beziehungs- und zielbewusste Zusammenwirken aller. Übertragen auf ein Fußballteam heißt das: Es kann nicht jeder Stürmer oder Torhüter oder Trainer sein, wenn das ganze Team gewinnen möchte. Auch sollte der im Tor stehen, der auch wirklich Bälle halten kann. Der Stürmer sollte die Arbeit des Torhüters wertschätzen und sich nicht den Sieg allein zuschreiben, nur weil er die Tore schießt. Ebenso gilt es für den Spieler, auf den Trainer zu hören, nicht, weil der Trainer über allen steht, sondern weil der Spieler weiß, dass der Trainer das gemeinsam erarbeitete Spielkonzept verfolgt und sich stets in den Dienst des Teams und dessen Ziel, zu gewinnen, stellt. In diesem Sinne wertschätzt auch der Trainer den Spieler und setzt ihn nach seinen Fähigkeiten ein, zum Wohle des Teams und zur Zufriedenheit des Spielers.

Besonders mit Blick auf den Pastoralen Prozess wird die Frage nach der Arbeit von Pastoralteams relevant. Wie sich Pastoralteams für ihre Pastoralen Räume aufstellen, wird zu einer zentralen Frage. „Es geht dabei nicht allein um das Wohl und Wehe des Pastoralen Personals und ob es seine Arbeit noch schaffen kann“, betont Tewes, „sondern vor allem darum, wie wir künftig Kirche sein wollen.“ Das Modell des Nebeneinanders der Berufsgruppen funktioniere vielleicht gerade noch so in den alten Pfarreien, in den neuen größeren Räumen stoße es allerdings deutlich an seine Grenzen. Tewes warnt davor, der Versuchung zu erliegen, die hauptamtlichen Pastoralen Kräfte einfach auf die einzelnen ehemaligen Pfarreien aufzuteilen, sprich die Gemeindereferentin versieht in Gemeinde A quasi den Dienst als Gemeindeleitung, der Pfarrvikar in Gemeinde B, der Pastoralreferent in Gemeinde C und der Pfarrer in Gemeinde D. Ein solches System versuche die alte Versorgungsphilosophie aufrechtzuerhalten, ohne eine wirkliche Versorgung – auch im Sinne von gutem Service – auf Dauer tatsächlich allein aufrecht erhalten zu können. Zudem hat das den Preis, dass sich die Rollen der unterschiedlichen Pastoralen Berufe mehr und mehr verwässern. Stattdessen sei wichtig, den Mitgliedern der Pfarreien die Erfahrung der eigenen Taufwürde zu vermitteln und damit das Bewusstsein der eigenen Verantwortung und Berufung, meint Tewes. „Wenn die Getauften entdecken, dass ihre Gaben und Begabungen von Gott gegebene Charismen sind, also Gnadengaben, die Gott ihnen gegeben hat, um den Menschen zu dienen – auch in und durch die Kirche, in der ihre Charismen Wertschätzung erfahren –, dann werden sie bereit sein, auch Verantwortung in der Kirche zu übernehmen“, setzt sich Tewes für eine bewusste Charismenhebung und Charismenentwicklung ein. „Es muss den Menschen in den pastoralen Räumen deutlich werden: Als Getaufte sind sie selbst Kirche und nicht Konsumenten eines von Hauptamtlichen veranstalteten Kirchseins. Das ist ein Lernprozess, der natürlich Erwartungen weckt, aber auch Ängste hervorruft.“

An den Charismen orientieren

Ein neues Konzept für Teams, die in den pastoralen Räumen Verantwortung übernehmen, verlangt eine Neuinterpretation der Rollen eines Pfarrers, einer Gemeindereferentin, eines Pfarrvikars, eines Diakons, eines Pastoralreferenten. Tewes nennt ein Beispiel: eine Gemeindereferentin könne künftig nicht das Komplettprogramm, das sie bislang in einer Pfarrei absolvierte, in drei bis fünf ehemaligen Pfarreien leisten. Die Hauptamtlichen sollten daher zum einen sehr genau schauen, wer über welche Charismen im Team verfügt, sprich sich fragen: wer was besonders gut und gerne macht. Zum anderen gelte es, zu entdecken, welche Charismen bei den Getauften im pastoralen Raum vorhanden sind. Diese Charismen werden das zukünftige Leben in den Räumen ganz wesentlich mitgestalten. Tewes ist überzeugt, dass Gott der Kirche vor Ort alle Charismen schenken wird, die sie braucht. „Die hauptberuflich in der Pastoral Tätigen werden zukünftig Charismenentdecker, Motivatoren, Ausbilder, Beseeler, In-Gang-Bringer, Spirituale sein“, blickt er in die Zukunft. So sorge sich eine Gemeindereferentin, die sich gut auf Firmvorbereitung verstehe, künftig im gesamten Pastoralen Raum um die Firmkatechese, indem sie das Team der ehrenamtlichen Firmkatecheten zusammenstellt, ausbildet und begleitet. Einzelne Firmgruppen betreut sie hingegen nur noch vereinzelt. „Die Arbeit der hauptberuflich in der Pastoral Tätigen wird auf eine andere Ebene verlagert.“

Zu einem Pastoralteam zusammenzuwachsen, das ist in den Augen des Teamentwicklers Tewes stets ein spiritueller Prozess. Das Team müsse dazu klären, welchen spirituellen Weg es gemeinsam beschreiten möchte. „Es reicht nicht, dass ein frommer, geistlicher Impuls am Anfang einer Dienstbesprechung verlesen wird, um dann zur Tagesordnung überzugehen, die damit nichts zu tun hat“, erteilt Tewes einer gängigen Praxis eine Absage. Die Teammitglieder sollten sich vielmehr bewusst machen, dass Jesus Christus bei der Dienstbesprechung gegenwärtig ist, weil man dort als Kirche zusammenkommt. Eine Möglichkeit, ihre Arbeit als Team spirituell zu gründen, ist für Tewes das gemeinsame Bibel-Teilen. Im Bibel-Teilen werde die Relevanz des Wortes Gottes für das gemeinsame Arbeiten wie für das je eigene Leben und Tun sichtbar. „Wenn sich die Mitglieder eines Pastoralteams zuvorderst als Glaubende verstehen und sich dementsprechend öffnen, können sie am besten miteinander nach dem Willen Gottes für das gemeinsame künftige Kirchesein suchen.“