BZ-Kolumne

Anonyme Beisetzungen sind ein menschlicher und kultureller Verlust

Manche mögen den November nicht, weil er angeblich auf das Gemüt drückt. Es sei ein
trauriger Monat, der an Sterben und Tod erinnert - höre ich des Öfteren.

Und tatsächlich stirbt in diesen Tagen vieles in der Natur, und manches erinnert
zumindest ans Sterben: die fallenden Blätter, die Nebel, die Dunkelheit. Aber auch die
besonderen Gedenktage des November führen uns das Sterben und vor allem die
Verstorbenen vor Augen. Und sie mahnen, auch an den Tod und die Toten zu denken.

Deshalb gehört es seit langem zur guten, christlichen Tradition, gerade in dieser Zeit die
Friedhöfe zu besuchen und die Gräber herzurichten. Die katholischen Christen tun dies
vor allem an den Tagen von Allerheiligen und Allerseelen, also heute und morgen, am
1. und 2. November. Wer in diesen Tagen auf die Friedhöfe geht, wird besonders auf
den katholischen Friedhöfen zahlreiche Grablichter leuchten und die meisten Gräber mit
Blumen geschmückt sehen: für mich immer wieder ein hoffnungsvoller Anblick.

Dabei sind wir hier in unseren Breiten eher noch zurückhaltend. In manchen katholisch
geprägten Ländern und Gegenden werden diese Tage wie ein großes Fest begangen, an
dem auch die alltägliche Arbeit ruht, damit bloß alle die Gräber ihrer Angehörigen und
Freunde besuchen können.

Dahinter steht der Glaube, dass wir mit Verstorbenen über den Tod hinaus verbunden
bleiben - sowohl mit denjenigen, die als Heilige gestorben und uns Vorbild sind, wie
auch mit allen übrigen, die mit uns gelebt haben; denn im christlichen Glauben ist der
Tod immer auch Tür - zu einem neuen und anderen Leben, das nur Gott gibt.

Doch selbst wenn man diesen christlichen Glauben nicht teilt gehört es für mich zur
menschlichen Kultur, sich an die Verstorbenen zu erinnern und ihrer auch namentlich zu
gedenken. Deswegen sind die anonymen Beisetzungen, die man in unseren Tagen
immer öfter erlebt, letztlich ein menschlicher und kultureller Verlust.