Gemeinsam in die Welt hinaus

Erzbischof Heiner Koch segnet die anwesende Gemeinde. Foto: Oliver Gierens

Seit Anfang des Jahres bilden die Altpfarreien Nauen und Brieselang im östlichen Havelland die Kirchengemeinde St. Bonifatius. Mitte Mai wurde die Pfarreigründung gefeiert – und die Gemeinden wachsen gut zusammen.

An diesem Sonntagvormittag sieht alles nach einem riesigen Familientreffen aus. Auf der großen Wiese der „Fazenda da Esperança“ auf Gut Neuhof im havelländischen Nauen (Havelland), einer Einrichtung für junge Menschen mit Suchterfahrung, kommen zahlreiche Gläubige aus der Region zusammen, viele kennen sich untereinander. Vorn ist bereits der Altar hergerichtet, an dem Erzbischof Heiner Koch heute zu einem besonderen Anlass zelebrieren wird: Seit 1. Januar dieses Jahres sind die bisherigen Pfarreien St. Peter und Paul in Nauen und St. Marien in Brieselang vereint. Dem heiligen Bonifatius, dem Apostel der Deutschen, ist die neue Pfarrei geweiht.

Fünf Gottesdienststandorte umfasst sie – von Friesack über Paaren, Brieselang und Nauen bis nach Ketzin. Auch Dallgow-Döberitz gehörte ursprünglich zum Gebiet der Pfarrei Brieselang, doch die dortige Gemeinde hat sich gen Falkensee beziehungsweise Berlin-Spandau orientiert.

„Wo Glauben Raum gewinnt“ – unter diesem Motto laufen im Erzbistum derzeit zahlreiche solcher Fusionsprozesse ab, vielerorts nicht ohne Konflikte. In Nauen und Brieselang scheinen die Geburtsschmerzen jedoch – wenn überhaupt vorhanden – recht milde zu verlaufen. Zwar meint eine Besucherin, auch hier würden manche Gemeindemitglieder häufig noch unter sich bleiben, das Zusammenwachsen gestalte sich schwierig. Doch Christel Zimmer, Mitglied des Pfarreirates in der Nauener Gemeinde, widerspricht. Das Gebiet der neuen Pfarrei entspreche im Wesentlichen dem ehemaligen Dekanat Nauen-Brieselang. „Es gibt ein gutes Miteinander, man kennt sich schon und wächst weiter zusammen“, sagt Christel Zimmer.

So habe man sich bewusst für den neuen Namen St. Bonifatius entschieden, um niemanden zu diskriminieren. Alle Gottesdienststandorte könnten damit ihren eigenen Namen behalten, der Heilige Bonifatius schwebt sozusagen über den einzelnen Standorten. Dem pflichtet auch Dorothea Arens bei, die aus der früheren Pfarrei Brieselang stammt. „Die Pfarrei Brieselang ist ja ursprünglich aus Nauen hervorgegangen. Das ist wie ein Nachhausekommen“, schildert sie ihre Eindrücke.

„Unsere Kirche ist kein Schrebergarten“

So macht auch Pfarrer Bernhard Schlosser während der Messfeier, die von strahlendem Sonnenschein und frühsommerlichen Temperaturen begleitet wird, die künftigen Aufgaben deutlich: Die Pfarrei habe sich auf Wunsch des Erzbischofs vergrößert, um den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu entsprechen. So wie Bonifatius, der auf den Tag genau vor 1303 Jahren von Papst Gregor II. seinen Auftrag erhalten habe, den heidnischen Germanen das Evangelium zu verkünden, so müsse die Pfarrei in einer zunehmend glaubensfernen Umgebung ebenfalls missionarisch tätig sein. Auch heute sei es Aufgabe der Christen, den Glauben nicht untergehen zu lassen, sondern den Erlöser Jesus Christus konkret vor Ort in der Mission zu bezeugen.

Erzbischof Heiner Koch pflichtete diesem Sendungsauftrag bei. „Sie kamen zusammen“, zitierte er aus dem Sonntagsevangelium. In der Gemeinde kämen Menschen zusammen – um gemeinsam in die Gesellschaft hinauszugehen. „Wie wollen wir in der heutigen Gesellschaft Kirche sein?“, fragte Koch in seiner Predigt. Und er gab gleich die Antwort: „Wir sind kein kleiner Schrebergarten, nach dem Motto: ‚Hauptsache, uns geht es gut.‘ Wir sind Kirche in der Welt.“ Gerade die Fazenda da Esperança sei dafür ein gutes Beispiel.

Und die Bewohner der „Farm der Hoffnung“, so die deutsche Übersetzung, hatten sich an diesem Sonntag mächtig ins Zeug gelegt, damit die Pfarreifusion auch ordentlich gefeiert werden konnte. Die Messe ging nahtlos in ein fröhliches Pfarrfest über, bei dem die Mitglieder der neuen Großgemeinde ausreichend Gelegenheit zum gegenseitigen Kennenlernen hatten. Auch Altpfarrer Hanspeter Milz, der das Zusammenwachsen der Gemeinden einige Jahre begleitet hat, zeigte sich im Gespräch zuversichtlich. „Die Menschen sind sehr offen für die Fusion. Es gibt bereits eine sehr gute Zusammenarbeit.“