BZ-Kolumne

Den Alltag unterbrechen

Im bundesweiten Vergleich ist Berlin sparsam, was die gesetzlichen Feiertage betrifft. Deshalb begrüße ich es ausdrücklich, dass die Diskussion um einen weiteren Feiertag in Berlin Fahrt aufgenommen hat. Denn Fest- und Gedenktage tun uns gut. Sie haben aber nur dann einen Sinn, wenn es eine breite Verständigung über ihren Anlass gibt, eine Motivation, ihn zu feiern und eine Übereinkunft, wie dieser Tag gefeiert werden soll. Zum Beispiel darüber, ob wir einen Tag zum Feiern brauchen – oder doch besser einen Tag der Besinnung.

Viele gute Vorschläge wurden genannt: der 29. Januar als Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust; der 8.Mai als Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus. Der 18.März, der an die Revolution von 1848 erinnert; der 17. Juni, im Gedenken an den Volksaufstand in der DDR. Andere favorisieren den Reformationstag am 31.Oktober, den 9. November als Tag des Mauerfalls oder den Buß- und Bettag, ebenfalls im November.

Als Katholiken sind wir hierzulande eine zwar wachsende, aber doch noch eine Minderheit, knapp 10 Prozent der Berlinerinnen und Berliner sind katholisch. Deshalb wollen wir uns nicht mit eigenen kirchlichen Feiertagsvorschlägen zu Wort melden. Wichtig ist mir aber, dass wir einen Tag finden, der von allen als Geschenk empfunden werden kann, als Unterbrechung des Alltags. Und nicht noch ein verkaufsoffener, dann eben wieder für viele nicht arbeitsfreier Tag, der genauso gestaltet wird, wie die übrigen Werktage der Woche. Solche sogenannten „Feiertage“ haben wir in Berlin schon mehr als genug. Zugleich sollte der neue Feiertag mit einer tragfähigen Idee ausgestattet sein: die Erinnerung an ein bedeutendes Ereignis unserer Geschichte oder ein Impuls zur gesellschaftlichen Einheit.

Wir brauchen Gedenk- und Feiertage, die den Alltag unterbrechen, die Freude machen oder auch zum Nachdenken einladen. Denn sie stärken die Gemeinschaft, geben dem Alltag Struktur und stiften darin Lebenssinn.