BZ-Kolumne

Gesundheitsversorgung ist ein Menschenrecht

Marek ist 45 Jahre alt. Er sitzt in einem gespendeten Rollstuhl, den er alleine nicht verlassen kann. Marek ist obdachlos. Vor etwa 10 Jahren kam er aus seiner Heimat Polen nach Berlin. Er wollte hier arbeiten. Dann wurde er Opfer eines Gewaltverbrechens. Die Notfallversorgung erhielt er im Krankenhaus, eine Reha gab es nicht. Marek bekommt keine Sozialleistungen. Ohne Einkommen lebt er auf der Straße. Eine Krankenversicherung hat er nicht. Seine Wunden vom ständigen Sitzen im Rollstuhl werden vom Caritas-Arztmobil versorgt. Auch seine Medikamente erhält er hier.

Die traurige Geschichte von Marek ist im Gesundheitsbericht zur Lage der medizinischen Versorgung von obdachlosen Menschen nachzulesen. Es erschüttert mich, mir vorzustellen, in welch hilfloser Lage sich Menschen wie Marek befinden.

Die meisten Obdachlosen werden durch die Regelangebote der medizinischen Versorgung nicht erfasst. In Berlin entstand deshalb ein Hilfenetz für Menschen ohne Kranken-versicherung. Kirchliche Träger wie Caritas, Malteser, Stadtmission und andere kümmern sich um die Kranken auf der Straße. Viele Ärzte tun das ehrenamtlich. Jährlich werden so etwa 27.000 Behandlungen* durchgeführt. Aufgrund des hohen Anteils von Nichtdeutschen können zwei Drittel dieser Behandlungen nur durch Spenden geleistet werden, denn obdachlosen EU-Bürgern wird der Anspruch auf Gesundheitsversorgung verwehrt.

Wir dürfen es nicht hinnehmen, dass in unserem Land Tausende keinen ausreichenden Zugang zu medizinischer Versorgung haben. Betroffen sind häufig Menschen, deren Lebensbedingungen ohnehin ihre Gesundheit beeinträchtigen. So werden Krankheiten verschleppt oder werden chronisch. Armut macht krank und senkt die Lebenserwartung. Der Einsatz der ehrenamtlichen Helfer und gemeinnützigen Organisationen ist beeindruckend und verdient großen Respekt. Medizinische Versorgung muss aber allen Menschen zuteil werden, die Hilfe brauchen. Das ist eine zutiefst christliche Aufgabe. Menschen wie Marek brauchen unser Mitgefühl und unsere Unterstützung. Aus Barmherzigkeit und weil Gesundheits-versorgung ein Menschenrecht ist.

(*Gesundheitsbericht zur Lage der medizinischen und zahnmedizinischen Versorgung obdachloser Menschen 2016. Herausgeber: Runder Tisch zur medizinischen und zahnmedizinischen Versorgung obdachloser Menschen in Berlin, erschienen im März 2018)