BZ-Kolumne

Ist das gerecht?

Franz arbeitet schon viele Jahre Tag für Tag acht Stunden. Es ist harte, körperliche Arbeit am Fließband. Am Monatsende hat er kaum mehr auf seinem Konto als jemand, der arbeitslos ist. Ginge seine Frau nicht nebenbei putzen, wüssten sie nicht, wie sie ihre Familie durchbringen sollten. Franz und seine Frau sind nicht mehr die Jüngsten. Wie soll das gehen, wenn sie bald schon von ihrer schmalen Rente leben müssen? Wer wenig verdient, hat im Alter nicht viel zu erwarten.

Unsere Wirtschaft brummt seit Jahren. Zurück bleiben aber immer mehr Menschen, die dieses Wirtschaftswachstum mit ermöglicht haben. Der Niedriglohnsektor in Deutschland ist stark gewachsen. Nahezu ein Viertel der Beschäftigten arbeiten für wenig Geld. Sie tragen Pakete aus, bedienen im Supermarkt, machen die Betten im Hotel, putzen und reinigen. Ohne sie ginge nichts. Für sie selbst geht aber auch nicht viel. Ist das gerecht? Viele fühlen sich von der Politik alleine gelassen. Sie wenden sich von etablierten Volksvertretern ab. Wer kümmert sich um uns? So lautet ihre Frage. Die Schere zwischen denen, die gerade so von ihrer Arbeit leben können und denen, die mehr als genug haben wird immer größer. Die wachsende soziale Ungleichheit ist eines der größten Probleme unserer Tage. Heute wird mehr über Gerechtigkeit gesprochen, aber wer spricht mit Menschen wie Franz? Wer zeigt ihm, dass uns sein Schicksal wirklich interessiert?

Nicht umsonst sind Gemeinwohl und Solidarität wesentliche Prinzipien der katholischen Soziallehre. Die Entwicklung und der Wohlstand unseres Landes fußen auf der Idee einer sozialen Marktwirtschaft. Alle sollen etwas davon haben. Wenn aber Löhne und Renten immer mehr auseinander klaffen, wird die Grundlage unseres Zusammenlebens erschüttert. Es kann nicht gerecht sein, wenn hart arbeitende Menschen zu wenig zum Leben haben oder im Alter von der Hand in den Mund leben müssen.