BZ-Kolumne

Lebensschutz und Freiheitsrechte

Kurz vor Ausbruch der Coronakrise in unserem Land hatte am 26.Februar 2020 das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil zur Sterbehilfe eine juristische Neubewertung des Lebensschutzes vorgenommen. Dem Recht des Menschen, über das Ende seines Lebens selbst bestimmen zu können, hat es höhere Bedeutung zugemessen als dem unbedingten Schutz des menschlichen Lebens: Freiheitsrecht vor Lebensschutz.

Wenige Wochen später erlebten wir dann die Forderung: Lebensschutz vor Freiheitsrechten. Um des Schutzes des menschlichen Lebens willens wurden am Beginn der Coronakrise in Deutschland existentiell hochbedeutsame Freiheitsrechte eingeschränkt. Dass wir vor der Einschränkung der Religionsfreiheit, insbesondere hinsichtlich der für unseren Glauben wesentlichen Gottesdienste, als Kirche nicht angehört wurden, habe ich in den Medien und persönlich gegenüber Politikern kritisiert. Zugleich aber haben wir uns sehr bewusst entschieden: Die Einschränkungen der Grundrechte tragen wir mit um des Schutzes des Lebens so vieler Menschen willen. Lebensschutz vor Freiheitsrechten. Uns auf dem Klagewege auf der Basis des Grundrechts auf freie Religionsübung Sonderrechte zu erstreiten, wäre unserer Überzeugung nach verantwortungslos gewesen. Durch die Solidarität mit allen Menschen, deren Rechte auf die ein oder andere Weise um des Lebensschutzes willen eingeschränkt wurden, durch die Aufmerksamkeit für die im medizinischen Bereich Tätigen und durch die Unterstützung der politischen Verantwortungsträgern in unserem Land haben wir aus unserem Glauben heraus unsere Verantwortung für den Schutz des Lebens wahrgenommen, so wie Papst Franziskus dies auch forderte.

Eine Anregung aus all dem: Die im Grundgesetz verankerten Freiheitsrechte des Menschen können nicht zu Lasten des Schutzes des Lebens, erst recht nicht des Lebens anderer Menschen, gesetzt und durchgesetzt werden. Ich hoffe sehr, dass auch nach dem Ende der Corona-Pandemie der Schutz des menschlichen Lebens im Mittelpunkt unseres Bewusstseins und unserer Rechtsprechung verbleibt. Das gilt für den Schutz des Lebens aller Menschen, auch der kranken, alten, lebensschwachen, sterbenden und der ungeborenen.

Die Corona-Pandemie ruft dazu auf: Schützt das Leben!