BZ-Kolumne

Pflege ist mehr als ein Beruf!

„Niemals hätte ich mir vorstellen können, dass meine Mutter einmal ganz auf mich angewiesen ist“, sagt Ernst nachdenklich. „Sie hat sich ihr Leben lang um uns Kinder gekümmert. Immer war sie für alle da, nichts war ihr zuviel.“ Jetzt kommt sie nicht mehr allein zurecht. Drei Millionen Pflegebedürftige gibt es in Deutschland. Zwei von drei werden zuhause gepflegt. Die Familie ist der größte Pflegedienst, den es gibt. Dafür danke ich von Herzen, aber oft geht es nicht ohne Hilfe von außen.

Die Pflege alter und kranker Menschen ist eine der wichtigsten Aufgaben in unserer Gesellschaft. Eine Aufgabe, die viel verlangt und nicht genug gewürdigt wird. Pflege ist mehr als ein Beruf. Es ist eine Berufung. Wir brauchen heute mehr Menschen, die dieser Berufung folgen. Es fehlen zehntausende von Pflegekräften, während der Bedarf steigt und steigt.

Vieles ist in der Vergangenheit schief gelaufen. So wurde Personal gespart, um die Kosten im Gesundheitswesen in den Griff zu bekommen. Irgendwann wurde die „Minutenpflege“ eingeführt – fast jeder Handgriff muss dokumentiert werden. Kostbare Zeit, die für die Begegnung fehlt. Manche Investoren betrachten die Pflege von Alten und Kranken nur als Markt, der Rendite bringen soll. Ein Irrweg.

Wenn ich Pflegekräfte frage, was für sie das Schönste an ihrem Beruf ist, dann erzählen sie vom Lächeln im Gesicht der Menschen, denen sie zur Seite stehen. Sie erzählen vom guten Gefühl, jemandem in schwerer Zeit Halt zu geben. Sie erzählen aber auch von den täglichen Belastungen, von Nachtdiensten mit zuwenig Kollegen und von einer Entlohnung, die zu wünschen übrig lässt. Gute Pflege verlangt Solidarität und Wertschätzung von allen. Wer Pflegebedürftige und Pflegende alleine lässt, wird irgendwann selbst alleine sein. Es ist höchste Zeit, die Pflegeversicherung zu reformieren und die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die Hinwendung zum Menschen im Mittelpunkt steht.