„Treten Sie ein, hier dürfen Sie schweigen“. So steht es am „Raum der Stille“ im nördlichen Torhaus des Brandenburger Tores. Hinter zwei Glastüren, abgeschirmt vom Großstadtlärm, laden 30 Quadratmeter voller Stille die Berliner und ihre Gäste ein zum Schweigen. Denn auch wenn es immer weniger Menschen gelingt, still zu werden und Stille auszuhalten, so gibt es doch die Sehnsucht danach.
Vor 20 Jahren wurde der „Raum der Stille“ von einem Förderkreis eingerichtet. Zu ihm gehören Christen und Muslime, Juden und Buddhisten, Hindus und Angehörige der Bah’ai-Religion. Gemeinsam geben sie Menschen jeder Herkunft, Hautfarbe und Weltanschauung, - den Touristen aus Japan wie den Schülern aus Jena - die Möglichkeit, eine Weile in Stille Platz zu nehmen. Sei es, um sich auszuruhen, weil man pflastermüde ist; sei es, sich zu erinnern an das Düstere wie an das Hoffnungsvolle der Geschichte dieses Ortes im ehemaligen Niemandsland der Grenze.
Der Raum greift den ursprünglichen Charakter des Brandenburger Tores als Tor des Friedens auf. Wer heute, ob von Ost oder von West, zum Torhaus kommt, ist eingeladen, nachzudenken über Freiheit und über Einheit, über Gott und die Welt. Hier, nahe der Mauer, wo den Menschen so viel Leid zugefügt wurde, ist ein Ort entstanden, der Toleranz, Innerlichkeit und Friede spürbar werden lässt – und für manchen Besucher auch Gott.
Eine „Pseudokirche“ ist dieser Raum aber nicht - auch wenn die Idee von einem Jesuitenpater ausging, der sich mit dem schwedischen Politiker Dag Hammarskjöld beschäftigt hatte: Hammarskjöld ließ in den 60er Jahren im Gebäude der Vereinten Nationen in New York einen Meditationsraum einrichten. Ein solcher Ort will ein Beitrag zum inneren Frieden sein für alle, die sich einlassen wollen auf die Fragen und die Ideen, die in der Stille aufbrechen. Die Freiheit zu schweigen ist eine Form der Redefreiheit und die Voraussetzung um zu hören. Diese Freiheit ermöglicht der „Raum der Stille“ im Brandenburger Tor.