BZ-Kolumne

Charismatischer Shootingstar fordert Pilatus heraus

Vermutlich müssten die Jünger heutzutage den Einzug Jesu in Jerusalem als Demonstration anmelden. Und wenn bis heute die Genehmigung nicht vorliegt, wird es vermutlich nicht mehr klappen bis zum kommenden Sonntag. Am Palmsonntag beginnt die Karwoche mit einer Irritation. Denn auch wenn das "Kar" für Klage, Kummer und Trauer steht, beginnt das Leiden und Sterben Jesu mit einer Art Triumphzug.

Wenn man in den Evangelien nachliest, dann ist Jesus selbst am deutlichsten bewusst, was ihn bei seinem Einzug in Jerusalem erwartet. Die Rufe "Hosanna, dem Sohn Davids!" hat er nicht bestellt, im Gegenteil: sein Auftritt wurde zur Provokation der römischen Besatzungsmacht, aber auch zur Provokation der gläubigen Juden: Das soll der erwartete Messias sein?

Was hätte damals in der Zeitung gestanden? "Jesus Christ, Superstar"? "Charismatischer Shootingstar fordert Pilatus heraus"? Titelseite oder "Vermischtes"?

Die Kirche hat allen Schlagzeilen dieser und ähnlicher Art immer misstraut.

Auch wenn wir am Palmsonntag eine Palmen-Prozession machen, lesen wir im Gottesdienst die ganze Passionsgeschichte. Palmsonntag steht nicht isoliert. Die Schlagzeilen vom Montag sind Gründonnerstag schon vergessen. Vielleicht hätte es noch ein paar Zeilen vom Gerichtsreporter gegeben über einen ungerechten Prozess und einen kurzen Nachruf zu Karfreitag, nachzulesen im Archiv.

In unserem Glauben gehen wir in der kommenden Woche den Weg Jesu mit ihm mit. Wir wissen schon am Palmsonntag um Gründonnerstag und Karfreitag und könnten doch die Dramatik der Karwoche nicht ertragen ohne die Hoffnung auf Ostern. "Hosanna", der Jubelruf vom Palmsonntag, ist kein Schlachtruf oder Fangesang. Ursprünglich ist es eine Bitte, ein Hilferuf: Rette uns! Unsere Rettung liegt bei Gott, der in Christus Mensch geworden ist. In dieser Haltung gehe ich in die Karwoche.