BZ-Kolumne

Christsein im (politischen) Alltag?

Was hätte Jesus dazu gesagt? Das hat sich die kürzlich verstorbene Hanna-Renate Laurien wohl des Öfteren gefragt. Nicht immer wird sie darauf eine eindeutige Antwort gefunden haben.

Als überzeugte Christin und engagierte Politikerin hat sie selber aber eine Antwort gegeben – auf eine andere Frage: ob sich nämlich Glaube und Leben, Frömmigkeit und Alltag, Überzeugung und Beruf zusammenbringen lassen.
Natürlich ist die Bergpredigt Jesu kein Parteiprogramm. Und das C im Namen einer Partei garantiert nicht automatisch auch eine christliche Politik.

Entscheidend aber ist hier etwas anderes:
Wer als Christ glaubt und lebt, wird seine Überzeugung nicht am Eingang zum Plenarsaal, vor dem Büro oder dem Fabriktor abgeben. Wer als Christ auf sein Gewissen hört, wird ihm im Zweifel auch gegen Parteiräson und Zeitgeist folgen. Und all das entscheidet sich zumeist nicht in großen öffentlichen Bekenntnissen, sondern in den kleinen Entscheidungen des alltäglichen Lebens.

Die christliche Religion jedenfalls hat über Jahrhunderte bewiesen, dass sie gelebt werden kann, dass sie sozusagen alltagstauglich ist. Nur dadurch hat sie unsere Kultur und Gesellschaft so maßgeblich geprägt. Natürlich passieren dabei auch Fehler. Natürlich gibt es Versagen und auch große Schuld. Das ist leider wahr.
Aber wahr ist auch, dass die Maßstäbe und Werte, nach denen Vertreter des Christentums und der kirchlichen Institutionen in diesen Tagen zu Recht verurteilt werden, eben in dieser Religion ihre entscheidenden Wurzeln haben.

Hanna-Renate Laurien ist ein Beispiel für die Alltagstauglichkeit des christlichen Glaubens. Als Mensch und Realpolitikerin hat sie nach dieser Überzeugung und nach ihrem Gewissen gelebt.
Deshalb bleibt sie ein kämpferisches Vorbild, um das nicht nur die Stadt Berlin zu Recht trauert.