Der Heilige Martin saß auf seinem Pferd, der Bettler, dem er die Hälfte seines Mantels gab, lag frierend am Straßenrand. Wenn das Pferd nicht besonders klein war, dürften die 1,50 m Abstand eingehalten worden sein.
Die legendäre Tat des Heiligen Martin ist aber auch aus anderen Gründen aktuell:
Jede und jeder soll so viel geben, wie er geben kann, nach dem christlichen Gebot der Nächstenliebe, „liebe deinen Nächsten wie dich selbst“. Niemand ist also gezwungen, sein eigenes Leben zu gefährden, um anderes Leben zu retten.
Aber auch keiner darf sich der Not seines Nächsten verschließen. Es hilft nichts, Diskussionen zu führen, ob es ggf. in der Kleiderkammer noch einen Mantel gegeben hätte oder ob ein anderer vielleicht besser hätte helfen können. „Not sehen und handeln“, lautet das Motto der Caritas, und oft scheitert die Hilfe schon, weil wir die Not nicht sehen wollen. Auch wenn wir alle durch die Corona-Pandemie betroffen sind, dürfen wir nicht die Augen vor der Not unserer Nächsten verschließen.
Der Heilige Martin hat einem Obdachlosen geholfen, wie wir heute sagen würden. Alle Anstrengungen, ein Problem grundsätzlich zu lösen, sind wichtig, sie dürfen aber nicht gegen die konkrete und spontane Hilfe ausgespielt werden.
Der Heilige Martin ist nach der Begegnung mit dem Mantel Christ geworden, denn er hat in dem Bettler Christus erkannt, der ja gesagt hat: was Ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt Ihr mir getan. Für Christen ist Nächstenliebe also ein Glaubensbekenntnis.
Wenn wir in diesem Jahr den Heiligen Martin feiern, der im französischen Tours als römischer Soldat stationiert war, ist vieles anders. In besonderer Weise denke ich dabei an die Menschen, die in Frankreich und zuletzt in Wien einem gottlosen Terror zum Opfer fielen. Auch das gehört für mich in diesem Jahr zu Sankt Martin - leider - dazu.