BZ-Kolumne

Erinnerung an falsches Schweigen

Zum 70. Mal jährt sich in diesem Jahr das Ende des Zweiten Weltkriegs und die Befreiung Deutschlands von der Nazi-Diktatur. Aber trotz dieser vielen Jahre haben wir und wollen wir nicht vergessen - im Gegenteil. Wir erinnern - an den Holocaust und an die Opfer des Krieges. Wir erinnern auch an die Täter und bekennen uns als Deutsche zur Verantwortung für das, was im Namen Deutschlands von Deutschen getan worden ist (und unsägliches Leid über die Welt gebracht hat).

In diesen Tagen jährt sich aber auch zum 100. Mal der Völkermord an den Armeniern. Noch vor wenigen Tagen hat Papst Franziskus auf dieses große Leiden des Armenischen Volkes, insbesondere der armenischen Christen aufmerksam gemacht und gesagt: „Wo es keine Erinnerung gibt, hält das Böse die Wunden offen“.

Von den Ereignissen des Ersten Weltkriegs beinahe unbemerkt, ließ die sogenannte „jungtürkische Regierung“ damals die Armenier vertreiben und ermorden. Das Deutsche Reich, ein Verbündeter der Türken in dieser Zeit, schwieg dazu, obwohl es Kenntnis davon gab.

Und wie so oft haben sich nur wenige für die Verfolgten eingesetzt, darunter der evangelische Theologe Dr. Johannes Lepsius und der katholische Zentrumsabgeordnete Matthias Erzberger.
Aber der Deutschen Regierung war die „Waffenbrüderschaft“ mit der Türkei letztlich wichtiger als die Solidarität mit den Verfolgten – und so schaute man einfach weg.

Dürfen wir Deutsche daran überhaupt erinnern? Wer mit dem Zeigefinger auf andere zeigt, zeigt bekanntlich mit drei Fingern auf sich selbst. Aber darum geht ja nicht. Es geht nicht um das Teilen von Verantwortung. Es geht nicht um das Verschieben von Schuld.

Es geht um die Erinnerung an falsches Schweigen und falsches Wegschauen, vor 100 Jahren, vor 70 Jahren und auch heute. Als Christen ist unser Platz an der Seite der Verfolgten, jedenfalls sollte er dort sein. Und an diesem Anspruch müssen wir uns messen lassen.