BZ-Kolumne

Europawahl: Stoßgebet zum hl. Benedikt

Wir sind als Katholiken gut in Schutzpatronen: So erinnern nach wie vor die, die in Berlin U-Bahn-Tunnel bauen, an die Heilige Barbara, weil sie die Patronin der Bergleute war und ist. Wer mit dem Auto oder dem Fahrrad unterwegs ist, hat eine Christophorus-Plakette am Fahrzeug, weil der Heilige Christophorus der Patron der Reisenden ist. Und Arbeiter halten den Heiligen Joseph hoch in Ehren.

Und so hat auch Europa einen Schutzpatron, den Heiligen Benedikt von Nursia. Um 480 in Umbrien geboren, gilt er als der „Erfinder“ des Klosterlebens. Seine Ordensregel gilt bis heute in Benediktiner- und Benediktinerinnen-Klöstern. Weil darin der regelmäßige Wechsel zwischen körperlicher Arbeit und festen Gebetszeiten vorgeschrieben ist, wurde sie später mit dem Satz „Bete und arbeite“, „Ora et labora“ zusammengefasst.

So weit, so verdienstvoll, nur was hat das mit Europa zu tun?

Ein Benediktiner-Kloster ist gewiss nicht angewandte Demokratie, aber Benedikt führte neben dem Gehorsam gegenüber dem Abt den Gedanken der gegenseitigen Verantwortung ein. Alle Mitbrüder werden in Entscheidungsprozesse einbezogen. Seine Regel ermöglicht eine individuelle Entfaltung, allerdings im festen Rahmen einer Gemeinschaft.

Der Gedanke der Mitverantwortung und der Beteiligung ist eine Perspektive, die auch heute noch Europa guttut. Auch das Verhältnis von Individualität und Gemeinschaft ist beispielhaft.

Benediktinerklöster gibt es in ganz Europa, in vielen Ländern sind sie älter als die modernen Nationalstaaten. Sie waren schon untereinander verbunden, lange bevor es zur Entwicklung einer europäischen Idee kam. Sie haben Europa kulturell geprägt, haben die Kultur vorangebracht, Geschichte geschrieben und aufgeschrieben und neue Perspektiven entwickelt.

Wer heute auf Benedikt und die Benediktiner blickt, kann fürs Zusammenleben in Europa lernen. Benedikt steht für eine Menschlichkeit, die Europa dringend braucht. Ich gehe am 26. Mai wählen, aber nicht ohne ein Stoßgebet zum Heiligen Benedikt!