BZ-Kolumne

Gottesdienst ohne Gott?

Sie versammeln sich am Sonntagvormittag, singen Lieder, hören sich eine Art Vortrag an, schweigen gemeinsam und sammeln Geld für einen guten Zweck. Klingt für mich fast so, als würde Gottesdienst gefeiert. Aber eben nur fast. Denn Gott kommt in der „Sunday assembly“ nicht vor. Die Idee kommt aus England und die Erfinder machen keinen Hehl daraus, dass sie sich ausgiebig beim christlichen Gottesdienst bedient haben. Es gibt aber gar keinen Grund, sich darüber aufzuregen. Es ist eher ein gutes Zeichen, wenn es auch anderen gut tut, sich zu versammeln, sich über gemeinsame Werte und Grundeinstellungen auszutauschen, gemeinsam zu singen, gemeinsam zu schweigen und für eine gute Sache den Klingelbeutel herumgehen zu lassen. Es ist auch ein gutes Zeichen, wenn sich erklärte Atheisten dafür den Sonntag ausgesucht haben. Wenn es auch für sie gut ist, an einem Tag der Woche etwas anderes zu tun, einen Feiertag zu halten, sich frei zu nehmen von Arbeit und Konsum.

Als Kirche kennen wir es schon seit Langem, dass sich andere bei unseren Ritualen bedienen. Es gibt die Trauung ganz in Weiß und sogar mit Orgel und Ansprache aber ohne Pfarrer. Auch der Einzug der Nationalmannschaften beim Länderspiel erinnert in seiner Inszenierung an manchen festlichen Gottesdienst. Aber auch umgekehrt müssen wir zugeben, dass wir uns für den Gottesdienst mit Papst Benedikt XVI. im Berliner Olympiastadion manches von anderen Großveranstaltungen abgeschaut haben.

Und trotzdem kann ich keine Werbung machen für den „Gottesdienst ohne Gott“ der Sunday Assembly machen. Ich möchte eher Werbung für das „Original“ machen, auch wenn ich gar nicht immer versprechen kann, dass es besser gefällt. Der entscheidende Unterschied liegt für mich darin, dass ich weiß, auf wen ich höre, zu wem ich bete und singe und wer für mich im Mittelpunkt steht, nämlich Gott selbst! Bei der Sunday Assembly hätte ich Sorge, dass die Mitte leer bleibt.