BZ-Kolumne

Haltet dieses Tor geöffnet für euch und alle Menschen!

„Ich kann gar nicht so viel fressen wie ich kotzen möchte“, soll der Maler Max Lieberman gerufen haben, als er sah, wie die Nazis sein Brandenburger Tor für ihre Propaganda missbrauchten: Fackelzüge, Aufmärsche vor der großartigen Kulisse.

Über die Wortwahl von Max Lieberman kann man sicherlich streiten, unstrittig ist, dass die nationalsozialistische Propaganda unser Brandenburger Tor von einem Tor des Friedens zu einem Symbol für ihre Aggression gemacht hat: Die heimkehrende Siegesgöttin auf der Quadriga und den Kriegsgott Mars, der sein Schwert in die Scheide steckt, als Zeichen, dass der Krieg zu Ende ist, deuteten sie um für Krieg und Vernichtung. In den Zeiten der DDR wurde das Brandenburger Tor zu einem Symbol des „Kalten Krieges“ und zum Wahrzeichen der Spaltung.

Und auch heute gibt es ewig Unbelehrbare, die sich die einzigartige Kulisse für ihre plumpen und menschenverachtenden Parolen wünschen. Aber wir lassen das Tor des Friedens nicht noch einmal als Tor des Unfriedens missbrauchen.

Wenn es jetzt endlich wieder so warm ist wie in diesen Tagen, ist am Brandenburger Tor fast kein Durchkommen mehr, nicht einmal mehr zu Fuß, so viele Menschen fühlen sich davon angezogen. Für Touristen gilt: Wer nicht am Brandenburger Tor war, der war nicht in Berlin.

1996 wollte Papst Johannes Paul II bei seinem Berlinbesuch unbedingt durch das Brandenburger Tor gehen. Was über Jahrzehnte die deutsche Teilung symbolisierte, war endlich zum Symbol der Einheit geworden. Dazu hatte er selbst bekanntlich Einiges beigetragen.

Damals sagte er: „Löscht den Geist nicht aus! Haltet dieses Tor geöffnet für euch und alle Menschen! Haltet es geöffnet durch den Geist der Liebe, durch den Geist der Gerechtigkeit und den Geist des Friedens!“

Das gilt für uns Berliner bis heute. Passen wir gut auf auf unser Brandenburger Tor.