BZ-Kolumne

Himmelssehnsucht im Fußballstadion

Beim 1. FC Union, dem Fußball-Zweitligisten, bereitet man das diesjährige Weihnachtssingen vor. Seit 12 Jahren treffen sich Fans und Gäste von überall her am 23. Dezember im Stadion An der Alten Försterei. Begonnen hat es im Advent 2003: Die Hinrunde war nicht so erfolgreich für die Unioner gewesen. Nach dem letzten Heimspiel ging man traurig auseinander. Da kam einigen die Idee, sich noch einmal im Stadion zu treffen, zusammen ein paar Weihnachtslieder zu singen - um Gemeinschaft zu erleben, auch wenn's schlecht läuft. Knapp hundert Unioner fanden sich an der Mittellinie ein und trösteten sich mit "O du fröhliche". Der Rest der Rot-Weißen fasste sich an den Kopf: "Wat macht ihr? Ins Stadion gehen und Weihnachtslieder singen? Habt ihr 'ne Macke?"

Inzwischen ist es ein die Grenzen der Generationen und Vereine übergreifendes Ereignis: Gut 27.000 Fußballbegeisterte verwandeln das Köpenicker Stadion in einen Meer aus Kerzenlicht. "Harte Jungs" aus der Fankurve schmettern Seit an Seit mit ihren Kindern und Enkeln, mit Omas und Opas "Stille Nacht". Ein Pfarrer liest die Weihnachtsgeschichte und spricht ein Gebet. Andächtige, ja adventliche Stille senkt sich dann über die Alte Försterei.

Wenn Weihnachten naht, stellen viele Erdenbürger die Sinnfrage. Sie sehnen sich nach einer allumfassenden Idee, die ihnen hilft zu leben. Sehnen sich nach dem Himmel über der Erde. Christen feiern zu Weihnachten, dass Gott in dem Kind Jesus zur Welt gekommen ist: „Heute ist euch der Retter geboren, er ist der Messias, der Herr“, heißt es im Evangelium. Warum schwingen sich auch Nichtchristen ein in diese Feststimmung? Vielleicht weil sie spüren: Die Menschwerdung Gottes hat mit mir zu tun? Denn jeder erfährt sich als Person. Das ist sehr viel mehr, als ein Lebewesen mit Pass und Steuernummer zu sein. Der Mensch ist geschaffen nach dem Bild Gottes. Deshalb kann er sich freuen und lieben, mitfühlen und trauern. In Jesus Christus hat Gott sich mit jedem Menschen verbunden. Ob der Einzelne das weiß oder nicht, zumindest ahnen kann er es - zum Beispiel beim Weihnachtssingen im Stadion.